Süddeutsche Zeitung

Umstrittene Gesetzesänderung:Zehntausende Polen protestieren gegen neues Mediengesetz

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Landesweite Demos in Polen

In zahlreichen polnischen Städten sind am Samstag Zehntausende Menschen gegen das neue Mediengesetz der nationalkonservativen Regierung auf die Straße gegangen. In Warschau versammelten sich nach Angaben der städtischen Behörden etwa 20 000 Demonstranten. Mit Slogans wie "Hände weg vom Radio" und "Die Regierung lügt" forderten sie eine Rücknahme des Gesetzes. "Freies Polen - freie Medien!", skandierten sie in Sprechchören. Die Regierung wies die Vorwürfe als haltlos zurück.

Verabschiedung im Eilverfahren

Das neue Mediengesetz stellt die öffentlich-rechtlichen Sender Polens de facto unter Regierungskontrolle. Es sieht vor, dass die Führungspositionen in den öffentlich-rechtlichen Medien nun von der Regierung bestimmt werden. Das polnische Parlament hatte das Gesetz zum Jahreswechsel im Eilverfahren verabschiedet, am Donnerstag wurde es von Staatspräsident Andrzej Duda unterzeichnet. Die nationalkonservative Mehrheit hatte zuvor bereits ein Gesetz zur indirekten Entmachtung des Verfassungsgerichts durchgebracht.

Vorwürfe an die polnische Regierung

Wegen dieser Maßnahmen steht die Regierung von Ministerpräsidentin Beata Szydlo in der EU zurzeit in der Kritik. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz warf Warschau vor, gegen demokratische Grundsätze zu verstoßen. Der SPD-Politiker sprach im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung mit Blick auf Polen von der Gefahr einer "gelenkten Demokratie" nach russischem Vorbild.

Kauder offen für Sanktionen gegen Warschau

Die EU-Kommission will sich am kommenden Mittwoch mit der Lage des Rechtsstaats in Polen befassen. Der Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, zeigte sich offen für Sanktionen gegen Warschau. "Wenn Verstöße gegen die europäischen Werte festzustellen sind, müssen die Mitgliedstaaten den Mut zu Sanktionen haben", sagte der CDU-Politiker dem Magazin Der Spiegel. Der Vorsitzende der Unionsgruppe im Europaparlament, Herbert Reul, sprach sich für finanzielle Strafen gegen Polen aus. "Wir brauchen Wirtschaftssanktionen, wenn politische Mittel des Dialogs nichts bewirken", sagte der CDU-Politiker dem Magazin.

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