Umstrittene Festnahme von Journalist Mansour:Deutsche Behörden ignorierten Bedenken von Interpol

Ahmed Mansour

Mansour wurde am Samstag am Flughafen-Tegel festgenommen.

(Foto: AP)
  • Der Journalist Ahmed Mansour wird nicht an Ägypten ausgeliefert, sondern kommt frei.
  • Die Generalstaatsanwaltschaft äußerte "nicht ausschließbare politisch-diplomatische Bedenken", die Zusicherungen der Behörden nicht ausräumen konnten.
  • Nun wird bekannt, dass sich das Auswärtige Amt und das Bundesjustizministerium trotz Bedenken von Interpol für die umstrittene Festnahme ausgesprochen hat.

Al-Jazeera begrüßt Freilassung ihres Mitarbeiters

Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft hat sich dagegen entschieden, den Fernsehjournalisten Ahmed Mansour an Ägypten auszuliefern. Stattdessen entschied sie, den 52-Jährigen aus der Haft zu entlassen. "Er ist frei", sagte ein Sprecher.

Grund für die Freilassung seien "nicht ausschließbare politisch-diplomatische Bedenken" gewesen, hieß es darüber hinaus in einer Mitteilung ohne weitere Einzelheiten. Auch Zusicherungen ägyptischer Behörden hätten diese Bedenken nicht ausräumen können. "Wir begrüßen die Entscheidung der deutschen Staatsanwaltschaft", sagte ein Sprecher des arabischen Senders Al-Jazeera für den Mansour arbeitet.

Interpol meldete Bedenken an - sie wurden ignoriert

Der Moderator war am Samstag auf dem Flughafen Berlin-Tegel festgenommen worden, als er Deutschland verlassen wollte. Grundlage war ein Haftbefehl aus Ägypten, der von Interpol bereits im vergangenen Herbst als "Fahndungsersuchen" auch an die deutschen Behörden weitergeleitet wurde. Drei Wochen später äußerte Interpol jedoch Bedenken. Das teilte das Bundesinnenministerium mit. Interpol leitete demnach den ägyptischen Aufruf zwar im vergangenen Oktober zunächst weiter, teilte knapp drei Wochen später aber mit, es liege ein Verstoß gegen das Verbot politischer Verfolgung unter Nutzung der Interpol-Instrumentarien vor.

Sowohl der Fahndungsaufruf als auch die zweite Interpol-Mitteilung mit den Bedenken wurden laut Bundesinnenministerium im November vom Bundeskriminalamt (BKA) dem Bundesamt für Justiz und dem Auswärtigen Amt zur Stellungnahme vorgelegt. Ende Januar hätten das Bundesamt und das Auswärtige Amt dann zum Fall Mansour mitgeteilt, "dass gegen eine nationale Ausschreibung zur Festnahme keine Bedenken bestehen". Daraufhin sei in Deutschland der Journalist zur Fahndung ausgeschrieben worden.

Offen bleibt bisher, warum Mansour erst bei der Ausreise festgenommen wurde und nicht bereits bei der Einreise. Der Ägypter, der auch einen britischen Pass besitzt, war nach Angaben seines Anwalts schon Mitte Juni über München nach Deutschland gekommen. Die Inhaftierung Mansours war sehr umstritten und hatte zu Protesten geführt.

Was Ägypten Mansour vorwirft

Ein Strafgericht in Kairo hatte den Journalisten 2014 in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt, weil er 2011 an der Folter eines Anwalts in Kairo beteiligt gewesen sein soll. Allerdings soll es auch um andere Vorwürfe gegangen sein. Nach Angaben seines Anwalt Fazli Altin wird Mansour beschuldigt, "Unwahrheiten" verbreitet zu haben, die die innere Sicherheit Ägyptens gefährdeten.

Ägyptens Generalstaatsanwalt Hischam Barakat sagte der Zeitung Al-Ahram, es lägen auch Haftbefehle wegen verschiedener Delikte wie Anstiftung zu Gewalt und Mord vor. Ägypten verdächtigt Al-Jazeera, die inzwischen verbotene Muslimbruderschaft des 2013 gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi zu unterstützen. Mehreren Journalisten des Senders wurde schon der Prozess gemacht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: