Süddeutsche Zeitung

UMP-Chef:Sarkozy spielt mit dem Feuer

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Von Lilith Volkert

Am Sonntagabend haben alle gewonnen. Als die Hochrechnungen der französischen Départementswahlen bekanntgegeben werden, beglückwünscht sich Premierminister Manuel Valls, dessen Parti socialiste auf den dritten Platz abgestürzt ist. Doch Valls freut sich, dass er mit einem feurigen Appell vor der Wahl einen Sieg des rechtsextremen Front National verhindert hat. Dessen Parteichefin Marine Le Pen wiederum jubelt über ein historisches Ergebnis - auch wenn sie insgeheim deutlich mehr erwartete.

Und die konservative UMP, die gemeinsam mit ihren bürgerlichen Verbündeten am meisten Stimmen bekommen hat, sieht sich schon auf dem Weg, die regierenden Sozialisten abzulösen. Und vergisst offenbar, dass es um die verhältnismäßig unwichtige Wahl der Kreisräte ging.

Am Montagmorgen empfindet vermutlich nur noch einer ungetrübte Freude: Nicolas Sarkozy. Der ehemalige Präsident hat sich Ende vergangenen Jahres zurück an die Spitze der zerstrittenen UMP gekämpft. Der überraschende Sieg am Sonntag geht ganz offiziell auf das Konto des Parteichefs. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Sarkozy noch einmal Präsident werden möchte. Dass seine Partei ihn 2017 ins Rennen schickt, ist allerdings noch nicht ausgemacht. Auch wenn Sarkozy den Erfolg betont bescheiden zur Kenntnis nahm, dürfte er innerlich triumphiert haben.

Protestwählen ist beliebter als Boulespielen

Zwar hat ihm in die Hände gespielt, dass die große Mehrheit der Franzosen äußerst unzufrieden mit der linken Regierung ist. Protestwählen ist in Frankreich beliebter als Boulespielen. Und es sollte nicht überbewertet werden, wenn die UMP mit einem Wahlergebnis die vorhergehenden Umfragen übertrifft, bemerkt die Tageszeitug Le Monde. Von 2011 abgesehen hätten die Konservativen bei Départementswahlen immer deutlich besser abgeschnitten als diesmal.

Allerdings ist es Sarkozy tatsächlich gelungen, dem Front National einen schon sicher geglaubten Sieg noch einmal abzunehmen. In den Tagen vor der Wahl versuchte er mit Forderungen zu punkten, die auch von Marine Le Pen kommen könnten: Einwanderer sollten sich gefälligst an den französischen Lebensstil anpassen, Schulkantinen kein Extraessen für Muslime anbieten und Universitäten ein Kopftuchverbot einführen.

Ganz ähnlich hat Sarkozy schon 2007 die Präsidentschaftswahl gewonnen. Allerdings zu dem Preis, dass er durch seinen Rechtsruck die Forderungen des Front National salonfähig machte - und damit erheblich zur Normalisierung der rechtsextremen Partei beitrug. Die Strategie, sich als gemäßigte Kopie des raubeinigen FN zu präsentieren, funktionierte nur begrenzt: Bei der darauffolgenden Präsidentschaftswahl 2012 entschieden sich viele Wähler lieber für das Original. Sarkozy verlor deutlich an Stimmen und musste den Élysée-Palast verlassen. Nun versucht er offenbar die abgewanderten Wähler zurückzulocken.

Für die zweite Runde am kommenden Sonntag hat er Bündnisse mit dem FN ausgeschlossen. Allerdings gibt er - in Départements ohne konservativen Kandidaten in der Stichwahl - auch keine Wahlempfehlung zugunsten der FN-Gegner ab. Seine Anhänger sollten "weder für die FN noch für die Linke" stimmen, sagte er. Die Sozialisten fahren hier eine klarere Linie. Sie riefen ihre Wähler dazu auf, den Rechtsextremen um jeden Preis "den Weg zu versperren".

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