Umgang mit Verfassungsfeinden:Waffenrecht entfacht Streit

Umgang mit Verfassungsfeinden: Waffen, die 2016 bei zwei Reichsbürgern sichergestellt wurden.

Waffen, die 2016 bei zwei Reichsbürgern sichergestellt wurden.

(Foto: Roland Weihrauch/dpa)

Als Konsequenz aus den Umsturzabsichten der Reichsbürger will Innenministerin Nancy Faeser den Zugang zu Schusswaffen weiter erschweren. FDP und Union sind strikt dagegen.

Von Roland Preuß

Nach der Aufdeckung von Umsturzplänen sogenannter Reichsbürger steuert die Ampelkoalition auf einen Konflikt über die politischen Schlussfolgerungen zu. Der FDP-Vizefraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle lehnte Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ab, das Waffenrecht zügig strenger zu fassen. "Eine generelle Verschärfung des Waffenrechts wird es mit der FDP nicht geben", sagte Kuhle am Sonntag der Süddeutschen Zeitung. Faeser hatte in der Bild am Sonntag angekündigt, die Bundesregierung werde "das Waffenrecht in Kürze weiter verschärfen".

Kuhle sagte, die Behörden könnten schon auf Grundlage der geltenden Gesetze waffenrechtliche Genehmigungen für Reichsbürger zurücknehmen. "Es gab bereits in der letzten Wahlperiode waffenrechtliche Verschärfungen. Diese sollten wir zunächst evaluieren." Bisher müssen die Behörden selbst beim Verfassungsschutz anfragen, um von einer extremistischen Haltung eines Waffenbesitzers zu erfahren. "Künftig könnte der Verfassungsschutz die jeweilige Waffenbehörde selbständig über Extremisten informieren", sagte Kuhle.

Auch die Union lehnte Faesers Pläne ab. "Unser Waffenrecht ist heute bereits eines der schärfsten der Welt", sagte Alexander Throm, der innenpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, der SZ. Entscheidend sei, das geltende Waffenrecht konsequent durchzusetzen. "Eine terroristische Vereinigung wird sich auch über ein schärferes Waffenrecht hinwegsetzen." Die Grünen signalisierten hingegen Zustimmung. "Trotz der Reformen der letzten Jahre kommen Verfassungsfeinde zu leicht an legale Waffen", sagte Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Bundestagsinnenausschuss.

Die Bundesanwaltschaft hatte vergangene Woche bei einer Großrazzia gegen die Reichsbürger-Szene zahlreiche Menschen festnehmen lassen, denen sie vorwirft, einen Umsturz geplant zu haben. Unter ihnen ist die Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann sowie ein aktiver Soldat. Laut dem Chef des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, sind in rund 50 Objekten Waffen gefunden worden, darunter auch einige Schusswaffen. Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik nicht an. Laut Faeser ist ihre Zahl im Vergleich zum Vorjahr um rund 2000 auf etwa 23 000 angestiegen.

Größere Einigkeit herrscht darüber, dass der Staat mehr Handhabe bekommen soll gegen verfassungsfeindliche Beamte. Faeser will laut der Agentur Reuters schnellere Verfahren gegen Bundesbeamte ermöglichen, um sie zurückstufen, entlassen oder ihnen das Ruhegehalt aberkennen zu können. Bisher sind teilweise jahrelange Verfahren vor Verwaltungsgerichten nötig. "Die FDP ist offen für ein schärferes Disziplinarrecht nach dem Vorbild Baden-Württembergs", sagte Kuhle. Dort kann per Verwaltungsakt ein Beamter des Dienstes enthoben werden, wenn er beispielsweise verurteilt wurde.

Auch Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, signalisierte grundsätzlich Zustimmung. Im Deutschlandfunk sagte er, wenn jemand als Reichsbürger diesen Staat vom Grundsatz her ablehne, müsse das ausreichend sein, um ihn aus dem Staatsdienst zu entfernen.

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