Umfragen: Obama hängt McCain ab:Gewinner der Krise

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Die Finanzkrise treibt den Amerikanern den Angstschweiß auf die Stirn - und Obama die Wähler in die Arme. McCain verliert in Umfragen den Anschluss.

Ulrich von Schwerin

Nichts treibt die Amerikaner derzeit mehr um, als die Angst vor einer drohenden Rezession, selten war die Sorge um die Wirtschaft größer als heute.

Obama profitiert von der verbreiteten Angst der Amerikaner vor einer Wirtschaftskrise. Sie trauen ihm in dieser Frage mehr Kompetenz zu als seinem Rivalen McCain. (Foto: Foto: AFP)

Erstmals seitdem die New York Times 1986 begann, die Meinung der Bürger zur Ökonomie einzuholen, erklärten neun von zehn Befragten, die Wirtschaft sei in schlechter oder sehr schlechter Verfassung. Auch wenn der Senat am vergangenen Freitag endlich den Bankenrettungsfonds beschlossen hat, bestimmt die Finanzkrise weiterhin die öffentliche Agenda - und den laufenden Wahlkampf.

Die wirtschafts- und finanzpolitische Kompetenz der beiden Präsidentschaftskandidaten hat damit zunehmenden Einfluss auf die Wahlumfragen. "Bad advice, bad instincts, not ready to lead", so sollen die Amerikaner Barack Obama sehen, wenn es nach John McCain geht.

Doch das Wahlvolk folgt nicht dem republikanischen Wahlkampfslogan: Einer CBS-Umfrage zufolge sind 54 Prozent überzeugt, Obama habe einen Plan im Umgang mit der Finanzkrise. Von McCain glaubten dies nur 48 Prozent.

McCains erfolgloser Einsatz in Washington

Allgemein wird Obama eine größere wirtschaftspolitische Kompetenz zugeschrieben als seinem Rivalen. Zu dem schlechten Urteil hat auch der erfolglose Einsatz McCains in Washington beigetragen.

Er hatte extra seine Wahlkampfkampagne unterbrochen, um im Streit um den Rettungsfonds zu vermitteln, am Ende jedoch wenig bewirkt. Schwer vermittelbar dürfte auch gewesen sein, dass die Republikaner ihrer Regierung bei der ersten Abstimmung zum Rettungsfonds die Gefolgschaft verweigerten, am Ende aber doch zustimmten.

Alle jüngeren Umfragen sehen Obama deutlich in Front - manche fünf Prozentpunkte, andere sogar neun. Doch Umfragen unter allen Amerikanern sind aufgrund des US-Wahlsystems nicht so aussagekräftig wie der Kampf um die einzelnen Bundesstaaten. Und auch hier zeichnet sich derzeit in einigen der sogenannten Schlüsselstaaten ein Vorsprung für den Demokraten ab.

Palins glücklose Auftritte in den Medien

In Ohio, Florida und Pennsylvania führt Obama in mehreren Umfragen inzwischen deutlich vor McCain. Seit 1960 ist niemand Präsident geworden, der nicht in mindestens zwei dieser Staaten eine Mehrheit hatte.

In Florida und in Ohio, wo 2000 und 2004 die Präsidentschaftswahlen entschieden wurden, verzeichnet Obama einen Vorsprung von durchschnittlich jeweils etwa drei Prozentpunkten, in Pennsylvania kam er sogar auf gut neun Punkte. Zu dem Meinungsbild beigetragen hat auch das glücklose Agieren von McCains Stellvertreterin Sarah Palin.

Zwar war sie zuletzt in den Medien fast präsenter als McCain, allerdings fiel sie dabei vor allem durch ihre außenpolitische Ignoranz und ihre rhetorische Inkompetenz auf. In dem TV-Duell mit Obamas Vize Joe Biden am vergangenen Donnerstag überraschte sie vor allem damit, dass sie die Debatte diesmal ohne größere Peinlichkeiten überstand. Hatte McCain mit der Nominierung einer Frau anfangs punkten können, ist Palin inzwischen für ihn vor allem zu einer Belastung geworden.

McCain hat unterdessen erstmals den Wahlkampf in einem Bundesstaat wegen zu geringer Erfolgsaussichten eingestellt. Auf Michigan, wo Obama aktuellen Umfragen zufolge mit sieben Prozent Vorsprung führt, wolle McCain kein Geld und keine Arbeitskraft mehr verschwenden, erklärte sein Wahlkampfmanager. Der Staat an den Great Lakes ging zwar zuletzt viermal an die Demokraten, galt jedoch in diesem Jahr lange als umkämpft.

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