Süddeutsche Zeitung

Umfragen:Im Sehnsuchtsland

Viele Menschen wünschen sich die alte Zeit zurück.

Von Constanze von Bullion

Umfragen sind nur Umfragen, also Momentaufnahmen, das sagen Politiker gern, wenn Umfragen hässlich ausfallen. Was der ARD-Deutschlandtrend zutage gefördert hat, ist allerdings mit routinierten Sprüchen nicht vom Tisch zu wischen. Die Zustimmung zur Flüchtlingspolitik der Bundesregierung bricht ein, das Ansehen der Kanzlerin sinkt erheblich, Meinungsforscher sehen die AfD im Parteienspektrum derzeit auf Platz drei, noch vor den Grünen.

Kann morgen alles anders aussehen? Im Detail vielleicht, im Gesamtbild eher nicht. Es gibt eine erhebliche Zahl von Menschen, die sich ihr altes Deutschland zurückwünschen. Sie leben unangefochten in enormem Wohlstand, sind weiß und wollen weder ethnische noch sonst welche komplizierte Vielfalt. Diese Menschen hat es gegeben, bevor Flüchtlinge kamen, sie waren nur leiser. Jetzt werden sie laut und können etablierte Parteien von ihren Stammplätzen vertreiben.

Die Kanzlerin aber, die ein Asylgesetz nach dem anderen verschärft, kann sich bei Horst Seehofer bedanken, dass immer mehr Wähler sie trotzdem für handlungsunfähig halten. Schon fordern Unionisten eine noch härtere Gangart bei Flüchtlingen. Nötig aber sind nicht weitere Scharfmacher, sondern Politiker, die ihre Nerven behalten und Unpopuläres verständlich machen: etwa, dass es einfache Lösungen nicht gibt; und dass das Deutschland, das mal war, nie mehr wiederkommt.

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Quelle:
SZ vom 05.02.2016
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