Süddeutsche Zeitung

Umfrage:Langsame Öffnung

Frauen sind bei der Polizei immer noch in der Minderheit, ihr Anteil schwankt in diesem Bereich je nach Bundesland zwischen 20 und 30 Prozent.

Von Ronen Steinke, Berlin

Frauen in der Polizei: Noch vor einer Generation hat man da bundesweit bei Null angefangen, "Bulletten an die Front", schrieb das Nachrichtenmagazin Der Spiegel, als es im Jahr 1987 losging, und die Innenminister des Bundes und der damals elf Bundesländer in feierlicher Herrenrunde beschlossen, die Laufbahnen in der Polizei für Frauen zu öffnen. Bis 1982 durften Frauen im Polizeidienst ausschließlich Parksünder notieren und, bei der Kripo, einige wenige Spezialaufträge bearbeiten.

Frauen in der Polizei, das ist auch heute noch immer eine kleine Minderheit. Der Anteil der Frauen unterscheidet sich durch alle Regionen hindurch wenig. In fast allen Bundesländern, so zeigt eine Umfrage der Süddeutschen Zeitung bei den Innenministerien, schwankt ihr Anteil zwischen 20 und 30 Prozent. Es gibt nur einen Ausschlag nach unten, Rheinland-Pfalz mit nur 16 Prozent. Und drei Ausschläge nach oben, Baden-Württemberg (38 Prozent), Niedersachsen (35 Prozent) und Sachsen-Anhalt (31 Prozent). Weder lässt sich ein klares Ost-West-, noch ein Nord-Süd-Gefälle ausmachen.

Die Rekrutierung von Frauen ist von Landesregierungen lange vernachlässigt worden, unabhängig von der politischen Couleur. Das schwarz regierte Bayern liegt heute mit 28 Prozent Frauenanteil bei der Polizei im Mittelfeld und sogar fünf Prozentpunkte über dem rot-rot-grün regierten Thüringen. Dabei hatte der Bayern historisch am längsten gezögert mit der Öffnung: bis 1990. Bewaffnete Polizistinnen waren bis dahin ein Thema, das die CSU entzweit hatte.

Zumindest diese Debatte ist vorbei. Eine ähnliche Debatte gibt es heute, eine Generation später, aber wieder. Diesmal geht es um den Anteil von Einwandererkindern in der Polizei. Es gebe zu wenige in der Polizei, mahnen Kriminologen wie Christian Pfeiffer: Je gemischter die Truppe sei, je höher die "interkulturelle Kompetenz", desto besser könnten Konflikte mit Worten entschärft werden.

In Berlin etwa bemüht sich der Innensenator, Andreas Geisel (SPD), seit einer Weile sehr offensiv darum, mehr Schüler mit Migrationshintergrund für den Polizeiberuf zu interessieren, die Polizei solle zumindest annähernd so vielfältig werden wie die Stadt. Inzwischen hätten 38 Prozent der neu eingestellten Polizisten eine nichtdeutsche Herkunft, so erklärt er stolz. Unter älteren Beamten gibt es Widerstände: "Es dauert nicht mehr lang, und die Polizei in Berlin sieht aus wie die Polizei in Ramallah", ätzt einer, der anonym bleiben will. Die Polizei würde unterwandert von Clans, hört man zuweilen. Belege fehlen.

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Quelle:
SZ vom 19.10.2019
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