Umbesetzung durch Präsident Mursi:Ägypter feiern Entlassung ranghoher Militärs

Wieder füllt sich der Platz, an dem alles begonnen hat: In Kairo haben Tausende Ägypter auf dem Tahrir-Platz die Entlassung ranghoher Armeeführer durch Präsident Mursi gefeiert. Der betonte, er habe mit seiner Entscheidung das Militär nicht ins Abseits drängen wollen.

Das Volk feiert ihn für seine starke Hand: Nachdem der ägyptische Präsident Mohammed Mursi überraschend Armeekommandeur und Verteidigungsminister Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi und Generalstabschef Sami Anan entlassen hatte, sind in der Nacht auf Montag Tausende Ägypter auf dem Kairoer Tahrir-Platz zusammengekommen.

Die Entscheidung, die zwei ranghohen Offiziere abzusetzen, war einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur Mena zufolge mit dem Militär abgesprochen. Mursi hob trotz der Entmachtung die Bedeutung der Streitkräfte hervor. Er wolle für die Armee "nur das Beste, den Schutz der Nation". Mit seinen Entscheidungen, die Armeespitze zu erneuern, habe er niemanden an den Rand drängen oder ungerecht behandeln wollen, sondern mit einer neuen Generation in eine bessere Zukunft aufbrechen wollen, sagte Mursi.

Der Präsident und Anhänger der Muslimbrüder hatte nicht nur Tantawi und Anan entlassen und zu seinen Beratern ernannt, sondern auch weitreichende Sonderrechte des Militärs aufgehoben. Er nahm Verfassungsgrundsätze zurück, mit denen sich der Militärrat Ende Juni zentrale Machtbefugnisse im Land gesichert hatte.

Der Schritt sei "bedacht und koordiniert"

Auf einer Pressekonferenz sagte Mursis Pressesprecher, der Präsident habe Abdel Fattah al-Sisi zum Nachfolger von Feldmarschall Tantawi bestimmt. Al-Sisi hat seit dem Sturz des Regimes im Feburar 2011 den Militärgeheimdienst geleitet. Er gilt als fromm, soll aber kein Mitglied der Muslimbrüder sein. Unrühmlich fiel er im Frühling 2011 damit auf, dass er Polizisten verteidigte, die während der Proteste erniedrigende Jungfräulichkeitstests durchgeführt hatten.

Tantawi hatte den Obersten Militärrat angeführt, der nach dem Sturz des Regimes die Kontrolle über das Land übernahm. Ende Juni hatte Tantawi formell die oberste Staatsgewalt an den gewählten Präsidenten Mursi übergeben. Anfang August wurde er in der neuen Regierung zum Minister für Verteidigung ernannt. Dieses Amt hatte er bereits etwa 20 Jahre unter dem ehemaligen Machthaber Hosni Mubarak inne.

Den ranghohen Richter Mahmud Mekki ernannte Mursi zudem zu seinem Vizepräsidenten. Mekki hatte sich unter Mubarak öffentlich gegen Wahlbetrug ausgesprochen und tritt für Reformen in Ägypten ein. Mursi übernahm überdies die Kontrolle über die Ausarbeitung einer Verfassung.

Mursis Entscheidung stieß in Ägypten auf geteilte Meinungen. Mursi handele in guter Absicht, sagte der moderate Islamist Abdel Moneim Abul Futuh. "Seine Entscheidungen verdienen unsere Unterstützung", sagte Ahmed Maher, der Mitbegründer der Jugendbewegung 6. April. Sie war am Sturz Mubaraks beteiligt gewesen. Kritik kam vor allem aus dem Verfassungsgericht: Mursi habe nicht die Vollmacht, die Verfassung zu ändern, auch nicht eine provisorische, sagte eine Richterin.

Die Umbesetzung der Militärführung erfolgt mitten in einer Sicherheitsdebatte. Erst vor kurzem hatten mutmaßlich israelfeindliche Islamisten ägyptische Militärposten auf der Halbinsel Sinai angegriffen. Daraufhin entließ Mursi den Geheimdienstchef und den Gouverneur der Provinz Nord-Sinai. Auch der Oberbefehlshaber der Militärpolizei verlor seinen Posten.

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