Umar Farouk Abdulmutallab:Der Luxus-Terrorist

Eine Millionen-Wohnung fürs Studium in London: Der Attentäter von Detroit kam aus reichem Hause. Britische Sicherheitsbehörden untersuchen jetzt, ob er in London radikalisiert wurde.

Wolfgang Koydl, London

Ein unscheinbares Mauerblümchen scheint der junge Mann nie gewesen zu sein: Seine Mitschüler an der British International School im westafrikanischen Togo unterzog er regelmäßig derart strikten islamischen Predigten, dass ihm dies den Spitznamen "Imam" oder "Papst" eintrug - denn niemand konnte es an selbstgerechter Rechtgläubigkeit mit ihm aufnehmen.

Umar Farouk Abdulmutallab: Umar Farouk Abdulmutallab, der Sohn eines der reichsten Männer Nigerias, wollte mittels eines in die Unterwäsche eingenähten Sprengkörpers eine Linienmaschine zerstören.

Umar Farouk Abdulmutallab, der Sohn eines der reichsten Männer Nigerias, wollte mittels eines in die Unterwäsche eingenähten Sprengkörpers eine Linienmaschine zerstören.

(Foto: Foto: AP)

Und auf den Gruppenbildern vom Schulausflug 2001 nach London hält sich der 13-Jährige nicht verschämt im Hintergrund: Selbstbewusst steht er in der ersten Reihe, bekleidet mit einer unübersehbar leuchtend roten Jacke.

"Londonistan": Fundamentalistisches Zentrum

Die britische Hauptstadt sollte auch später eine entscheidende Rolle im Leben des sogenannten Unterhosenbombers Umar Farouk Abdulmutallab spielen, der versucht haben soll,

Denn in London lebte und studierte er einige Jahre, und dort erhielt er im vorigen Jahr auch sein amerikanisches Visum, mit dem er nun über Amsterdam in die USA einreiste. Nun untersuchen britische Sicherheitskräfte, ob er in London auch radikalisiert wurde und ob er hier Komplizen hatte.

"Wir wissen noch nicht, ob er alleine gehandelt hat oder ob andere Leute hinter ihm standen", erklärte der britische Innenminister Alan Johnson. "Aber ich vermute, dass eher Letzteres der Fall ist als die erste Möglichkeit." Dass London ein Zentrum des fundamentalistischen Islam ist, wissen internationale Sicherheitsexperten schon lange.

Nicht von ungefähr verpasste der US-Geheimdienst CIA der britischen Metropole den wenig schmeichelhaften Beinamen Londonistan - wegen der zahlreichen radikalen islamischen Prediger und ihrer zahlreichen potentiell gefährlichen Mitläufer aus mehrheitlich muslimischen Commonwealth-Staaten, die hier leben.

Wunsch nach weltweitem Kalifat auf Scharia-Basis

Jeder dritte muslimische Student im Vereinigten Königreich, so ergab eine Umfrage im vergangenen Jahr, verteidigte Morde im Namen des Islam als gerechtfertigt. Eine ebenso große Anzahl wünschte sich ein weltweites Kalifat auf Basis des islamischen Scharia-Rechts.

Drei Jahre lang, von 2005 bis 2008, lebte Abdulmutallab in einer zwei Millionen Pfund teuren Wohnung im vornehmen Stadtteil Bloomsbury zwischen Oxford Street und Britischem Museum. Sie gehörte seinem Vater, einem der reichsten Männer Nigerias, der bis zu seiner Pensionierung die beiden größten Banken des Landes geleitet hatte und außerdem Minister gewesen war.

Sein Sohn Umar, das jüngste von insgesamt 16 Kindern, studierte am renommierten University College in London Maschinenbau - offensichtlich mit Fleiß und Konzentration, denn er schloss das Studium mit guten Noten ab, bevor er - angeblich zum Arabisch-Studium - im Jemen untertauchte.

Banaler Grund für Watch-Listeneintrag

Die britischen Behörden machen nun viel Aufhebens von der Tatsache, dass Abdulmutallab auf einer offiziellen Watch List stand - einer Liste mithin, auf der verdächtige Personen geführt werden, denen die Einreise ins Vereinigte Königreich verweigert wird.

Was die Regierung freilich nicht erwähnt: Abdulmutallab landete nicht wegen möglicher Verbindungen zu radikalen islamischen Gruppen oder gar zum Terrornetzwerk al-Qaida auf dieser Liste. Denn sollte er während seiner Studienzeit solche Kontakte hergestellt haben, so waren sie den britischen Behörden verborgen geblieben.

Der Grund, weshalb der junge Nigerianer auf der schwarzen Liste landete, war viel banaler: Als er - angeblich zu weiterführenden Studien - abermals nach London kommen wollte, gab er den Namen eines Colleges an, das nicht existierte.

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