Ukraine:Zu lax

Der Tod des Journalisten Pawel Scheremet in Kiew ist noch immer nicht aufgeklärt. Ein Recherchenetzwerk macht nun den ukrainischen Behörden schwere Vorwürfe.

Am 20. Juli vorigen Jahres hat in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eine Bombe das Auto zerstört, mit dem der Journalist Pawel Scheremet gerade auf dem Weg zu seiner Arbeit fuhr. Der 44-Jährige starb. Scheremet stammte aus Weißrussland, arbeitete später in Moskau für russische Medien und zog vor einigen Jahren in die Ukraine, wo er als Journalist für die Zeitung Ukrainska Pravda recherchierte. Scheremets Tod löste bei Kollegen in Russland, Weißrussland und der Ukraine Entsetzen aus, Präsident Petro Poroschenko verlangte, dass das Verbrechen rückhaltlos aufgeklärt werden müsse. Bis heute ist der Fall allerdings nicht gelöst. Nun tauchen in einem Film Vorwürfe auf, nach denen die ukrainischen Behörden bei ihren Ermittlungen nicht akribisch genug vorgegangen seien.

Der Dokumentarfilm "Killing Pavel" wurde vom internationalen Recherche-Netzwerk Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) und dessen ukrainischem Partner Slidstvo.Info produziert und am Mittwochabend veröffentlicht. Mehr als neun Monate lang haben Mitarbeiter des OCCRP-Konsortiums und von Slidstvo.Info in dem Fall selber recherchiert. Sie werteten Bildmaterial zahlreicher Überwachungskameras aus und machten mögliche Zeugen ausfindig, die zur nächtlichen Zeit in unmittelbarer Nähe von Scheremets Autos waren, als dieses von zwei Verdächtigen mit Sprengstoff präpariert wurde - Augenzeugen, die im Film angeben, dass sie von den Behörden nie zu den Vorfällen befragt worden seien. Einen von ihnen machten die Filmautoren als zumindest ehemaligen Mitarbeiter des ukrainischen Sicherheitsdienstes aus.

Auch die Chefredakteurin der Ukrainska Pravda, Sevgil Musaieva-Borovyk, zeigt sich in der Filmdokumentation misstrauisch gegenüber den offiziellen Ermittlungen. Sie sagt, dass mehrere Recherchen ihrer Zeitung zu Korruptionsfällen aufmerksam beobachtet worden seien, bevor diese überhaupt veröffentlicht wurden. Ein Vorwurf, den die Behörden abstreiten. Interview-Anfragen der Filmautoren an Präsidialamt, Ministerien und Sicherheitsdienste seien unbeantwortet geblieben.

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