Süddeutsche Zeitung

Ukraine:Warnen vor dem Kollaps

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Das Bemühen, den Konflikt in der Ostukraine beizulegen, kommt nicht voran. Berlin befürchtet gar ein Scheitern der Friedensvereinbarung von Minsk.

Von Stefan Braun, Berlin

Die Bemühungen, den Konflikt um die Ostukraine zu befrieden, kommen nicht voran. Ein weiteres Treffen der Außenminister Russlands, der Ukraine, Frankreichs und Deutschlands ging am Mittwoch in Berlin ohne Ergebnis zu Ende. Damit droht die Friedensvereinbarung von Minsk zu scheitern, die im Februar 2015 von den Staats- und Regierungschefs der vier Staaten getroffen worden war. Außenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich sehr unzufrieden nach dem dreistündigen Treffen. Außer ein paar Fortschritten in Sicherheitsfragen sei nichts erreicht worden. Am Rande des Treffens wurde deutlich, dass in Berlin und Paris der Ärger über Kiew und Moskau wächst, weil beide Seiten keinen Weg finden, um den Streit über die eigentlich längst vereinbarten Lokalwahlen beizulegen.

Die Warnungen der Bundesregierung vor einem Scheitern von Minsk sind auch eine Reaktion auf die wachsende Isolierung Deutschlands beim Bemühen, innerhalb der EU zwischen den Gegnern und den Befürwortern von Sanktionen gegen Russland einen Ausgleich zu finden. Seit Beginn des Konflikts war Berlin eingeklemmt zwischen den Hardlinern in Osteuropa und den Sanktionsskeptikern in Südeuropa. Dabei war es bislang stets gelungen, eine Art Mittelweg zu finden. So verhängte die EU nach der Annexion der Krim durch Russland Sanktionen und verlängert diese später. Die Rufe der Balten und der Polen nach noch harscheren Reaktionen wurden aber abgelehnt. Jetzt, da die Sanktionen Ende Juli erneut verlängert werden müssten, sinken die Chancen, noch mal einen Kompromiss zu erreichen.

Bisher blockieren sich beide Konfliktparteien gegenseitig

"So schwer wie dieses Mal war es noch nie", hieß es am Rande des Berliner Treffens aus Diplomatenkreisen. "Für die meisten Länder im Süden ist Russland kein großer Gegner mehr, sondern ein verlorener Wirtschaftspartner." Sollte nur ein Land aus dem Kreis der 28 weitere Sanktionen ablehnen, werden sie auslaufen. Aus diesem Grund drängt Berlin alle Konfliktparteien seit Wochen, sich im Streit um Sicherheit und lokale Wahlen nicht länger gegenseitig zu blockieren.

Bislang fordern die Separatisten, Kiew müsse ein angemessenes Gesetz für die Durchführung der lokalen Wahlen vorlegen, bevor man einen dauerhaften Waffenstillstand vereinbaren könne. Kiew umgekehrt verlangt ein absolutes Schweigen aller Waffen, bevor es sich im Detail auf Lokalwahlen einlassen möchte. "Da beißt sich die Katze in den Schwanz", heißt es unter Diplomaten. Steinmeier beklagt, dass sich Berlin und Paris seit Monaten "die Zähne ausbeißen ", das könne "nicht mehr lange weitergehen". Um den Stillstand aufzubrechen, haben mittlerweile auch deutsche Juristen an einem Entwurf für ein Lokalwahlgesetz mitgeschrieben. Doch auch das hat am Mittwoch wenig geholfen, den Knoten zu durchtrennen.

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Quelle:
SZ vom 12.05.2016
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