Ukraine-Krieg:Gefechte in der Nähe des Atomkraftwerks

Ein Mitglied der Wagner-Truppe in der Nähe von Bachmut im vergangenen September.

Ein Mitglied der Wagner-Truppe in der Nähe von Bachmut im vergangenen September.

(Foto: Viktor Antonyuk/Imago)

Während in der Ukraine in Saporischschja und Bachmut weiter gekämpft wird, sorgt in Russland der Anschlag auf einen nationalistischen Schriftsteller für Aufsehen.

Von Nicolas Freund und Frank Nienhuysen

Am Wochenende haben wieder in vielen Teilen der Ukraine militärische Angriffe stattgefunden. So sollen laut ukrainischen Angaben unter anderem die Städte Krywyj Rih und Cherson das Ziel von Beschuss mit Raketen und Artillerie gewesen sein. Über der Hauptstadt Kiew wurde eine Drohne abgeschossen, und auch Nikopol, das am Dnjepr gegenüber dem Atomkraftwerk Saporischschja liegt, ist mit Artillerie beschossen worden.

Die russischen Besatzer in dem Gebiet haben wegen womöglich bevorstehender ukrainischer Angriffe angeordnet, Zivilisten in Sicherheit zu bringen. Rafael Grossi, Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), warnte am Samstag in einem Statement vor den Gefahren durch Gefechte in der Nähe des Atomkraftwerks. Man werde aber alles tun, um die Atomsicherheit und die Sicherheit des Kraftwerks zu gewährleisten. Derzeit befinden sich nach wie vor Experten der IAEA auf dem Gelände des AKW. Sie berichten laut dem Statement von regelmäßigem Artilleriefeuer in der Gegend.

Die Wagner-Söldner wollen sich angeblich aus Bachmut zurückziehen

Für anhaltende Aufmerksamkeit sorgte außerdem die Ankündigung Jewgenij Prigoschins, des Chefs der Wagner-Söldner, sich am 10. Mai aus der seit Monaten schwer umkämpften Stadt Bachmut zurückziehen zu wollen. Ramsan Kadyrow und dessen tschetschenische Kämpfer sollten die Stellungen übernehmen. Zuvor hatte Prigoschin noch davon geschrieben, bei einem Rückzug die von ihm kontrollierten Orte an das russische Verteidigungsministerium zu übergeben. Als Grund für den Rückzug hatte Prigoschin Munitionsmangel und wenig Unterstützung durch die russische Armee genannt. Die ukrainische Seite hatte dem widersprochen, es finde konstanter Beschuss durch die russische Artillerie statt. Kadyrow erklärte sich in seinem Telegram-Kanal bereit, mit seiner Spezialtruppe "Achmat" die Stellungen von Prigoschins Kämpfern zu übernehmen und Artjomowsk (gemeint ist Bachmut) schließlich einzunehmen. Dies sei eine Frage weniger Stunden. Demnach habe er bereits eine entsprechende Bitte an Präsident Wladimir Putin abgeschickt, seine tschetschenischen Einheiten umzugruppieren.

Am Sonntag schien Prigoschin dann von seiner Ankündigung zurückzurudern: Er teilte auf seinem Telegram-Kanal mit, ihm sei ausreichend Ausrüstung zugesichert worden, um den Kampf fortzusetzen.

Hinter solchen öffentlichen Manövern werden Machtkämpfe innerhalb der russischen Führung vermutet. Möglicherweise spielt auch der anstehende 9. Mai eine Rolle: Am "Tag des Sieges" wird in Russland traditionell die Niederlage Nazi-Deutschlands gefeiert. Womöglich sollte in diesem Jahr ebenfalls ein, wie auch immer gearteter, militärischer Sieg im Krieg in der Ukraine verkündet werden. Derzeit sieht es aber nicht so aus, als könnten die russischen Truppen das symbolisch, aber nicht strategisch wichtige Bachmut bis dahin erobern. Davon wollte Prigoschin womöglich ablenken, denn die Wagner-Söldner bestreiten in Bachmut einen Großteil der Kämpfe für die russische Seite.

Sachar Prilepin hat die Explosion überlebt

Abseits der militärischen Kämpfe in der Ukraine hat es in dem Konflikt am Wochenende einen weiteren Anschlag in Russland gegeben. Bei der Explosion einer Autobombe in der Region Nischnij Nowgorod wurde der russische Autor Sachar Prilepin verletzt und sein Fahrer getötet. Der nationalistische Schriftsteller Prilepin hatte bereits vor Jahren im Donbass an der Seite der prorussischen Separatisten gekämpft und dort eine Einheit geführt. Er gilt als vehementer Befürworter des Krieges und hatte sich für eine Einverleibung der Ukraine ausgesprochen. Nach russischen Medienberichten ist Prilepin inzwischen von den Ärzten aus einem künstlichen Koma herausgeholt worden. Sein Zustand sei stabil.

Die russische Regierung machte die Ukraine, aber auch den Westen, allen voran die USA, für den Anschlag verantwortlich. Nach russischen Angaben wurde ein Mann festgenommen, der angeblich auf Anweisung der Ukraine gehandelt habe.

Der Anschlag auf den Schriftsteller ist bereits der dritte in Russland gegen einen Kriegsbefürworter seit Februar vergangenen Jahres. Darja Dugina, Tochter des Ideologen Alexander Dugin, wurde im vergangenen Sommer bei Moskau durch eine Autobombe getötet. Im April starb der russische Militärblogger Wladlen Tatarskij bei der Explosion einer Bombe in einem Café in Sankt Petersburg.

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