Krieg in der Ukraine:USA und Russland nähern sich an

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Die amerikanische Delegation: US-Außenminister Marco Rubio (Mitte) mit Mike Waltz (links) und Steve Witkoff am Verhandlungstisch. (Foto: EVELYN HOCKSTEIN/AFP)

Erstmals seit zwei Jahren gibt es direkte Gespräche der Regierungen beider Länder. In Riad loten die Außenminister ein mögliches Treffen zwischen den Präsidenten Trump und Putin aus.

Von Frank Nienhuysen

Für Russland ist allein dies schon ein außenpolitischer Erfolg: Erstmals seit Jahren hat ein Vertreter der russischen Führung in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad am Dienstag mehr als vier Stunden lang direkte Gespräche mit den USA geführt. Weder die Europäischen Union war dabei noch eine Delegation der Ukraine, obwohl es bei den Gesprächen vor allem um ein mögliches Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und einen künftigen Frieden ging.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein US-Kollege Marco Rubio loteten dabei auch ein Treffen zwischen Kremlchef Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump aus, für das es zunächst allerdings kein Datum gibt. Es sei unwahrscheinlich, dass es bereits in der nächsten Woche stattfinden werde, sagte Putins Berater Jurij Uschakow. Eine Sprecherin von Rubio sprach von einem „wichtigen Schritt nach vorn“, ein Telefonat und ein Treffen würden jedoch nicht ausreichen, um dauerhaften Frieden zu erreichen. Lawrow sagte, die USA hätten ein Moratorium für russische Angriffe auf ukrainische Energiesysteme vorgeschlagen. Doch Russland habe solche Anlagen nie gefährdet. Das ist falsch, denn Russland hat immer wieder das ukrainische Energienetz attackiert und so massive Stromausfälle verursacht.

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Eigentlich wollte der ukrainische Präsident nach Saudi-Arabien reisen, trifft sich nun aber wohl mit dem US-Sondergesandten Kellogg in Kiew.

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In der Europäischen Union löste die russisch-amerikanische Annäherung die Sorge aus, dass die Ukraine und Europa in der Frage einer neuen Friedensordnung übergangen werden könnten. Lawrow hatte vor seiner Abreise nach Saudi-Arabien die EU praktisch verhöhnt und deutlich gemacht, dass aus russischer Sicht die EU am Verhandlungstisch nichts zu suchen habe. Exakt eine solche Beteiligung der Europäer fordert allerdings der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij. Dass die Gespräche in Riad keinen Termin für ein baldiges Treffen zwischen Trump und Putin erbracht haben, könnte auch den Europäern etwas Zeit geben, um zusammen mit Selenskij mehr Einfluss auf einen Friedensprozess zu nehmen. US-Außenminister Rubio versicherte in Riad, dass die EU „an einem gewissen Punkt am Tisch sitzen müssen, weil sie auch Sanktionen verhängt haben“.

Noch an diesem Dienstagabend wollte Trumps Ukraine-Gesandter Keith Kellogg mit dem Zug von Warschau nach Kiew reisen, wo er sich am Mittwoch mit Selenskij treffen will, womöglich auch zu einer Fahrt an die Front. Kellogg hatte am Montag versichert, dass niemand „einem gewählten Anführer einer souveränen Nation“ einen Deal aufzwingen werde.

Darum dürfte es beim Treffen in Riad auch gegangen sein. Selenskij ist bei demokratischen Wahlen zum ukrainischen Präsidenten gewählt worden, Moskau aber hat die Kiewer Führung stets abgelehnt und verspottet. Kremlsprecher Dmitrij Peskow sagte am Dienstag in Moskau nun, Putin sei zu Verhandlungen mit Selenskij bereit. Allerdings müssten dabei auch „gewisse juristische Aspekte berücksichtigt werden, die mit der Legitimität des Staatsoberhauptes zusammenhängen“. Russland könnte also womöglich darauf bestehen, dass in der Ukraine ein neuer Präsident gewählt werden müsse. Die ukrainische Verfassung untersagt allerdings eine Wahl in Kriegszeiten.

Entscheidend auf dem Weg zu einem Ende des Kriegs sind Sicherheitsgarantien für die Ukraine, damit das Land künftig vor weiteren Eroberungsangriffen aus Russland geschützt sein wird. Moskau hat immer wieder klargemacht, dass es keine Gebiete zurückgeben wird, im Gegenteil: Russland hat in Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja vier ukrainische Regionen illegal zu russischen Staatsgebieten erklärt, obwohl es sie nicht einmal militärisch vollständig kontrolliert.

Trump hat deutlich gemacht, dass US-Soldaten für die Absicherung eines möglichen Friedensabkommens nicht infrage kämen und dies die Europäer übernehmen müssten. In der EU löste dies eine Debatte über eine mögliche europäische Friedenstruppe für die Ukraine aus. Dies lehnte Russlands Außenminister Lawrow in Riad jedoch ab. Eine Stationierung von Truppen aus Ländern, die der Nato angehören, sei nicht akzeptabel, sagte er. Den von der Ukraine angestrebten Nato-Beitritt lehnen sowohl die neue US-Regierung als auch Russland ab. Kremlsprecher Peskow sagte am Dienstag, dass die Ukraine zwar das Recht habe, der EU beizutreten, nicht aber dem westlichen Verteidigungsbündnis.

Für Russland geht es bei den Gesprächen mit den USA nicht nur um den Krieg in der Ukraine, Moskau strebt auch bessere Beziehungen mit Washington an. Offensichtlich will die russische Führung erreichen, dass eines Tages auch die Sanktionen gegen Russland aufgehoben werden. Darauf deutet hin, dass auf russischer Seite in Kirill Dmitrijew der Leiter des russischen Fonds für Direktinvestitionen bei den Verhandlungen in Riad dabei war. Er lobte die neue US-Regierung als „schnell, effizient und erfolgreich“ und sprach unverhohlen von einer möglichen Rückkehr amerikanischer Ölkonzerne nach Russland. „Warum sollten sie auf die Möglichkeit verzichten, Zugang zu russischen Ressourcen zu erhalten?“, fragte er. Große US-Ölfirmen hätten in Russland erfolgreiche Geschäfte gemacht.

Obwohl der Kreml seinen Krieg gegen die Ukraine noch eine Weile finanzieren kann, kommt er ihn teuer zu stehen. Das Finanzministerium meldete für 2024 das größte Haushaltsdefizit seit drei Jahren, die Reserven aus dem Wohlfahrtsfonds sind deutlich geschmolzen, die Inflationsrate liegt bei 20 Prozent.

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