Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hält die für dieses Jahr eingeplanten Hilfen für die Ukraine offenbar für nicht ausreichend. Dem Vernehmen nach hat sein Ministerium deshalb beim Finanzministerium eine sogenannte überplanmäßige Ausgabe in Höhe von 3,8 Milliarden Euro beantragt. Zuerst hatte die Bild am Sonntag darüber berichtet; das Verteidigungsministerium selbst wollte den Vorgang weder bestätigen noch dementieren. Man sei zur Unterstützung der Ukraine immer in regierungsinternen Gesprächen, sagte ein Sprecher am Montag.
Bislang sind im laufenden Haushaltsjahr 7,1 Milliarden Euro für die militärische Unterstützung der Ukraine vorgesehen; verbucht sind diese "Ertüchtigungshilfen" im Einzelplan 60 des Bundeshaushalts - einer Art Sammelposten für Ausgaben des Bundes. Mit den dort eingestellten Mitteln werden Waffenkäufe für die Ukraine finanziert, ebenso die Wiederbeschaffung von militärischem Gerät, das aus Beständen der Bundeswehr an die Ukraine abgegeben wurde.
Mehrausgaben müssen gegenfinanziert werden
Dass im Laufe eines Haushaltsjahres überplanmäßige Ausgaben angemeldet werden, kommt regelmäßig vor. Aus Haushälterkreisen ist allerdings zu hören, dass 3,8 Milliarden Euro schon eine ungewöhnlich hohe Summe seien. Formal müssen Ministerien, die einen Mehrbedarf erkennen, diesen bei Finanzminister Christian Lindner (FDP) anmelden; dieser muss ihn genehmigen, der Haushaltsausschuss muss mindestens in Kenntnis gesetzt werden.
Und: Die Mehrausgaben müssen im Etat des betreffenden Hauses gegenfinanziert werden, das heißt, es müssen andere Ausgaben verzögert oder gestrichen werden. Im Verteidigungsbereich kann beispielsweise Spielraum entstehen, wenn ein Beschaffungsvorgang sich verzögert, wenn also bestelltes Gerät später als geplant geliefert und bezahlt wird.
Aus Kreisen des Finanzministeriums war zu hören, dass die Unterstützung der Ukraine am Finanzressort und der FDP nicht scheitern werde. Die potenziellen Mehrausgaben für die Ukraine wären allerdings nicht die einzige Belastung für den Haushaltsvollzug im laufenden Jahr. So steigen beispielsweise auch die Kosten für die Förderung der erneuerbaren Energien, die aus dem Klima- und Transformationsfonds bezahlt wird. Gleichzeitig hat die Steuerschätzung vergangene Woche ergeben, dass der Bund in diesem Jahr mit niedrigeren Einnahmen rechnen muss, als noch im Herbst gedacht: mit knapp 376 Milliarden Euro statt gut 381 Milliarden. Hauptgrund ist das schwache Wirtschaftswachstum.