Süddeutsche Zeitung

Russischer Angriff:Deutschland erwägt Lieferung von Panzern an die Ukraine

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In Regierungskreisen ist von einem "qualitativen Schritt" bei der militärischen Unterstützung der Ukraine die Rede. Womöglich werden "Marder"-Schützenpanzer geliefert. Die Entscheidung ist offenbar eng mit Washington und Paris abgestimmt.

Von Georg Ismar, Paul-Anton Krüger und Nicolas Richter, Berlin

Die Bundesrepublik wird ihre militärische Unterstützung für die Ukraine auf eine neue Stufe heben. Es werde einen "qualitativen Schritt" geben, hieß es am Donnerstag in Regierungskreisen. Dabei könnte es sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung um die Lieferung von Schützenpanzern vom Typ Marder handeln, die aus Beständen der Bundeswehr, wahrscheinlicher aber aus Beständen der Industrie stammen könnten. Die ukrainische Regierung bittet seit Langem um diese Panzer. Die Entscheidung soll in enger Abstimmung mit Frankreich und den USA gefallen sein. Unklar ist bislang, wie viele Panzer geliefert werden sollen und wann.

Einzelheiten waren bereits am Mittwoch an die Öffentlichkeit gelangt, als Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron ankündigte, französische Spähpanzer des Typs AMX-10 RC an die Ukraine zu liefern. US-Präsident Joe Biden wiederum sagte, er denke darüber nach, der Ukraine Schützenpanzer vom Typ Bradley zu überlassen.

Noch in dieser Woche könnten US- und Bundesregierung ihren Teil der Vereinbarung verkünden. Die drei beteiligten westlichen Länder sollen darüber seit mehreren Wochen beraten haben. Der Westen will die Ukraine damit offensichtlich stärken, bevor Russland, mutmaßlich im Frühjahr, eine neue Großoffensive gegen die benachbarte Ukraine starten könnte.

Die öffentlichen Ankündigungen Macrons und Bidens hatten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) augenblicklich unter Druck gesetzt, der Ukraine ebenfalls Panzer zu liefern. "Wir sollten uns jetzt unbedingt auch in Bewegung setzen, um den Schützenpanzer Marder in die Ukraine zu verlegen und die Ausbildung dafür umgehend zu beginnen", sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), der Süddeutschen Zeitung. Die Grünen-Verteidigungspolitikerin Sara Nanni sagte der SZ: "Wir sollten der Ukraine zur Verfügung stellen, was machbar ist. Also auch Leopard und Marder aus Industriebeständen." Auch bei der Kanzlerpartei SPD mehrten sich die Stimmen für rasche Panzerlieferungen. "Ich begrüße die Ankündigung von Frankreich und den USA, unter anderem Spähpanzer an die Ukraine liefern zu wollen. Die Ukraine kann nur aus einer Position der Stärke heraus erfolgreich sein, auch bei diplomatischen Verhandlungen", sagte der SPD-Außenpolitiker Adis Ahmetović der SZ.

Der Kanzler hatte seine Haltung zu Waffenlieferungen im Dezember in einem Interview mit der SZ so formuliert: "Erstens, wir unterstützen die Ukraine nach Kräften. Zweitens, wir verhindern, dass es zu einer direkten Konfrontation zwischen der Nato und Russland kommt. Und drittens wird es keine deutschen Alleingänge geben."

Scholz wies darauf hin, dass Deutschland bereits zu den "stärksten Unterstützern der Ukraine" gehöre und moderne Waffen wie die Panzerhaubitze 2000, Mehrfachraketenwerfer, Gepard-Flugabwehrpanzer oder das Luftverteidigungssystem Iris-T bereitgestellt habe. Der Kanzler betonte auch, dass die Gefahr einer weiteren Eskalation des Krieges groß sei. Gegen die atomare Eskalation hätten die G-20-Staaten einschließlich Chinas zwar "erst mal einen Pflock eingeschlagen". Doch das habe Putin nicht davon abgehalten, "den Krieg mit seinen Angriffen auf die ukrainische Energie-Infrastruktur mit unerbittlicher Brutalität fortzusetzen".

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