Ukraine-Krise:US-Außenministerium weist Familien von Diplomaten an, die Ukraine zu verlassen

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Das US-Außenministerium weist Familienmitglieder der Botschaftsmitarbeiter in Kiew an, die Vertretung in der ukrainischen Hauptstadt zu verlassen. Auch nicht unmittelbar benötigte Beschäftigte der Botschaft sollten ausreisen. Angesichts der Gefahr eines russischen Militäreinsatzes sollten zudem alle amerikanischen Staatsbürger in der Ukraine eine Ausreise erwägen, heißt es in einer Erklärung. Über diesen Schritt der US-Regierung war bereits seit einigen Tagen spekuliert worden.

Das Auswärtige Amt hatte am Samstag erklärt, sein Botschaftspersonal in Kiew nicht zu reduzieren. "Wir beobachten sehr aufmerksam, wie sich die Sicherheitslage für das Personal an unseren Auslandsvertretungen in der Ukraine darstellt, und stehen hierzu auch in engem Austausch mit unseren Partnern in der EU und auf internationaler Ebene", hieß es. (24.01.2022)

  • Will Russland eine Annexion oder eine prorussische Regierung in Kiew?

Klitschko wirft Deutschland unterlassene Hilfeleistung vor

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko hat in der Ukraine-Krise von einer riesigen Enttäuschung in seinem Land über das Festhalten der Bundesregierung an der Pipeline Nord Stream 2 und einem Lieferverbot für Waffen gesprochen. "Das ist unterlassene Hilfeleistung und Verrat an Freunden in einer dramatischen Situation, in der unser Land von mehreren Grenzen von russischen Truppen bedroht wird", sagte Klitschko der Bild-Zeitung. Viele fragten sich, ob die deutsche Regierung "auf der Seite der Freiheit" oder "an der Seite des Aggressors" stehe. Zuvor hatte Außenminister Dmytro Kuleba eine Weigerung der Bundesregierung kritisiert, Waffen an sein Land zu liefern. (24.01.2022)

London wirft Russland politische Einflussnahme vor

Mit einer beispiellosen Warnung hat die britische Regierung dem Kreml unterstellt, Moskau wolle massiv politischen Einfluss in der Ukraine nehmen. "Uns liegen Informationen vor, die darauf hindeuten, dass die russische Regierung versucht, eine prorussische Führung in Kiew zu etablieren, während sie erwägt, ob sie in die Ukraine einmarschieren und sie besetzen soll", hieß es am Samstagabend in einer Mitteilung des britischen Außenministeriums. Experten halten aber einen Einmarsch Moskaus in Kiew für unwahrscheinlich.

Als möglicher Kandidat für die Führungsposition in der Regierung in Kiew wird der frühere ukrainische Abgeordnete Jewhenij Murajew genannt. Der von London als potenzieller Moskauer Statthalter genannte Kandidat steht allerdings selbst seit 2018 auf einer russischen Sanktionsliste.

Hintergrund der Äußerung sind die schweren Spannungen im Ukraine-Konflikt. Vor allem die USA befürchten angesichts der hohen russischen Truppenpräsenz an der Grenze zur Ukraine einen Einmarsch ins Nachbarland. Moskau weist dies fast täglich zurück. Großbritannien hatte der Ukraine bereits leichte Panzerabwehrwaffen geschickt und dafür Kritik vom Kreml geerntet.

Das britische Außenministerium teilte zudem mit, man habe außerdem Informationen, dass weitere - namentlich genannte - ukrainische Ex-Politiker in Kontakt mit den russischen Geheimdiensten stünden, hieß es von den Briten. Einige hätten demnach Kontakt mit Sicherheitsdienstlern, die "an der Planung eines Angriffs auf die Ukraine beteiligt" seien. Bereits vor einer Woche hatten die USA Russland unterstellt, dass mutmaßlich eigene Agenten eine Spezialoperation im Osten der Ukraine planten. Der Kreml wies das zurück und verlangte Beweise dafür.

Die britische Außenministerin Liz Truss forderte von Moskau, "seine Kampagnen der Aggression und Desinformation zu beenden und einen Pfad der Diplomatie zu verfolgen". Jeglicher militärische Einmarsch in die Ukraine wäre ein "massiver strategischer Fehler mit ernsthaften Kosten", sagte die Ministerin. London stehe an der Seite der Ukraine als unabhängigem, souveränem Land. Mehrere russische Staatsmedien berichteten am Samstag unter Berufung auf Quellen, dass Truss im Februar zu einem Besuch in Moskau erwartet werde. (22.01.2022)

SZ PlusUSA
:Der genervte Präsident redet und redet

US-Präsident Joe Biden vermutet, dass Putin in der Ukraine "vorrücken wird" - aber er baut während einer Pressekonferenz dem russischen Präsidenten auf informelle Art auch Brücken. Kurz nach Bidens Auftritt sieht sich das Weiße Haus zur Klarstellung gezwungen.

Von Hubert Wetzel

Deutscher Marinechef tritt nach umstrittenen Äußerungen zur Krim zurück

Der deutsche Marinechef Kay-Achim Schönbach tritt nach seinen umstrittenen Äußerungen zur Krim zurück. Vizeadmiral Schönbach hatte bei einem Besuch in Indien gesagt, die von Russland annektierte Halbinsel Krim sei für die Ukraine verloren, und damit der von Deutschland und seinen Partnern offiziell vertretenen Position widersprochen. Zu Putins Motivation hatte er erklärt, der russische Präsident verlange lediglich Respekt und verdiene diesen wahrscheinlich. Dieser Wunsch sei leicht zu erfüllen.

Mit seinen Äußerungen hatte der Inspekteur der Marine Irritationen ausgelöst. Das ukrainische Außenministerium berief die deutsche Botschafterin in der Ukraine, Anka Feldhusen, ein. Es gehe um die "Unannehmbarkeit der Äußerungen des Oberkommandierenden der Kriegsmarine Deutschlands, Kay-Achim Schönbach", hieß es in einem Schreiben des Ministeriums. Es gehe auch darum, dass Schönbach geäußert habe, "dass unser Staat den Mitgliedskriterien für die Nato nicht entsprechen wird".

Das Bundesverteidigungsministerium distanzierte sich bereits zuvor von Schönbachs Äußerungen. Dieser werde "auf eigene Bitte" abgelöst und zunächst von Konteradmiral Jan Christian Kaack ersetzt, bis eine Nachfolge gefunden sei. Der Vizeadmiral bezeichnete seine Äußerungen als Fehler. Schönbach leitet als Inspekteur der Marine seit März des vergangenen Jahres die deutschen Seestreitkräfte. Der 56-Jährige hatte sich nach eigenen Angaben in einer Gesprächsrunde eines Thinktanks in Indien geäußert. Eine Videoaufnahme davon war im Internet verbreitet worden.

Das Bundesverteidigungsministerium erklärte, die Äußerungen entsprächen in Inhalt und Wortlaut in keiner Weise der Position des Ministeriums. Schönbach bezeichnete auf Twitter seine Äußerungen als "unbedacht, fehleingeschätzt in der Situation" und fügte hinzu: "Das war ein klarer Fehler." Es handle sich um seine persönliche Meinung, die nicht der Position des Ministeriums entspreche.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba kritisierte die Äußerungen. Sie liefen Deutschlands Unterstützung für die Ukraine und den diplomatischen Bemühungen der Bundesrepublik zuwider. (22.01.2022)

SZ PlusRussland-Reise
:Und Lawrow schaut überall hin - nur nicht zu Baerbock

Ein Versprecher, eine unfreundliche Überraschung zum Schluss und immerhin ein zweistündiges Gespräch: So verlief das erste Treffen zwischen der neuen deutschen Außenministerin Annalena Baerbock und Russlands Langzeit-Chefdiplomaten Sergej Lawrow.

Von Silke Bigalke, Moskau, Matthias Kolb, Brüssel, und Paul-Anton Krüger, Berlin

Lawrow: Russland bedroht niemanden

Außenminister Sergej Lawrow und sein US-Kollege Antony Blinken haben ihr Krisengespräch im Ukraine-Konflikt in Genf früher als geplant beendet. Das Treffen dauerte etwa anderthalb Stunden und war damit kürzer als die angesetzten zwei Stunden, wie russische Nachrichtenagenturen meldeten.

Die beiden Chefdiplomaten hatten sich gegen elf Uhr in einem Hotel am Genfersee mit Handschlag begrüßt. Beide machten zum Auftakt deutlich, dass sie keinen Durchbruch bei den Gesprächen erwarteten und haben Hoffnungen auf eine baldige Entspannung gedämpft. Wie tief die Differenzen sein müssen, zeigt sich auch daran, dass Lawrow und Blinken danach auf getrennten Pressekonferenzen über das Gespräch berichteten.

Lawrow sagte, sein Land habe das ukrainische Volk niemals bedroht und hege auch keinerlei Angriffspläne. Er hoffe, dass sich die Gemüter wieder beruhigen würden. Der Nato warf Lawrow allerdings vor, gegen Russland zu arbeiten. Seine Regierung sei besorgt über die Entsendung von Waffen und Militärberater in die Ukraine, sagte Lawrow. Präsident Wladimir Putin sei immer bereit, in Kontakt mit US-Präsident Joe Biden zu treten. Allerdings sollte jeglicher Kontakt zwischen beiden Staatsoberhäuptern gut vorbereitet sein.

SZ JetztUkraine
:"Wir haben uns daran gewöhnt, mit diesen Bedrohungen zu leben"

Zwei junge Menschen aus der Ukraine erzählen von der Angst vor russischen Truppen und davon, wie sie mit der Situation umgehen.

Von Anna Flörchinger

US-Außenminister Blinken sagte, das Gespräch mit Russlands Ressortchef Lawrow sei ein offener Austausch von Ansichten gewesen, aber keine Verhandlung. Beide Seiten hätten nun ein besseres Verständnis der Position des jeweils anderen. Er sei sich einig mit Lawrow, dass der diplomatische Prozess fortgesetzt werden müsse. Wenn ein Gipfeltreffen der beiden Präsidenten die Situation entschärfen könne, seien die USA auch dazu bereit.

Er habe dem russischen Außenminister seine Sorge mitgeteilt, dass Russland aus Sicht der USA an mehreren Orten in der Welt die internationale Sicherheit gefährde und ihn erneut vor einem Einmarsch in der Ukraine gewarnt: "Wir haben deutlich gemacht, dass es sich um eine erneute Invasion handelt, wenn sich irgendwelche russischen Streitkräfte über die Grenze der Ukraine bewegen. Darauf werden die Vereinigten Staaten und unsere Partner und Verbündeten schnell, hart und mit vereinten Kräften reagieren", sagte Blinken.

Der US-Außenminister kündigte an, erneut mit Lawrow zusammenzukommen, nachdem die Regierung in Russland die schriftliche Antwort auf deren Sicherheitsanfragen studiert habe. Klar sei allerdings, dass die Nato-Politik der offenen Tür nicht infrage gestellt werde. Jedes Land dürfe aus freien Stücken über seine Sicherheit bestimmen. ( 21.01.2022)

Russland kündigt Manöver an

Inmitten des Streits mit dem Westen über einen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine kündigt die russische Regierung zahlreiche Manöver an Land und zur See an. An einem Einsatz der Marine seien alle russischen Flotten vom Pazifik bis zum Atlantik beteiligt, teilte das Verteidigungsministerium mit. Daran würden 140 Kriegsschiffe und Unterstützungseinheiten, 60 Flugzeuge und etwa 10 000 Soldaten teilnehmen. Geplant seien die Manöver zur See noch im Januar und im Februar. Die iranische Agentur Irna zitierte unterdessen einen Mitarbeiter des Pressestabs der iranischen Streitkräfte mit den Worten, China, Russland und Iran würden am Freitag gemeinsame Marine-Übungen abhalten.

Außerdem teilt das russische Verteidigungsministerium am Freitag mit, für ein Manöver sein Luftabwehrsystem S-400 ins Nachbarland Belarus zu verlegen. Zwei Divisionen seien im äußersten Osten des Landes auf Eisenbahnwagen verladen worden. Über Tausende Kilometer soll es aus dem russischen Gebiet Chabarowsk nach Belarus gebracht werden, wo in gut drei Wochen Militärübungen der beiden Verbündeten beginnen. Das Manöver soll auch an den Grenzen zur Ukraine im Süden und der EU im Westen abgehalten werden. Zehn Tage sind dafür angesetzt.

Laut russischem Verteidigungsministerium überschreitet die Gesamtzahl der Soldaten nicht die im Wiener Dokument festgeschriebene Höchstzahl einer regulären Übung. Die US-Regierung hatte den Zeitpunkt der Verlegung russischer Truppen ins Nachbarland als "bemerkenswert" bezeichnet. "Russland könnte beabsichtigen, unter dem Deckmantel gemeinsamer Manöver Truppen in Belarus zu stationieren, um die Ukraine möglicherweise von Norden her anzugreifen", hatte das US-Außenministerium mitgeteilt. Das belarussische Außenministerium wies das zurück. ( 21.01.2022)

Großbritannien warnt Russland und China vor starkem Zusammenhalt des Westens

Großbritannien warnt den russischen Präsidenten Wladimir Putin und den chinesischen Präsidenten Xi Jinping davor, dass der Westen zusammenstehen werde, um für die Demokratie gegen Diktaturen zu kämpfen. "Es ist an der Zeit, dass die freie Welt ihren Standpunkt vertritt", sagt die britische Außenministerin Liz Truss in ihrer Rede am Lowy Institute im australischen Sydney. Der Westen müsse gemeinsam auf globale Bedrohungen reagieren, die Beziehungen zu den Demokratien im indopazifischen Raum vertiefen und globalen Aggressoren die Stirn bieten, so die Ministerin. Truss erklärte, Präsident Putin solle von der Ukraine ablassen, bevor er einen großen strategischen Fehler begehe. ( 21.01.2022)

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Seit Hacker auf den Webseiten der ukrainischen Regierung eine Drohung hinterlassen haben, sind die Sorgen groß: Steckt Russland dahinter? Wenn ja: Droht jetzt ein Cyberkrieg - oder hat er gar schon begonnen? Was der Angriff zu bedeuten hat.

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