Region Kursk:Zurück über die Grenze?

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Das russische Verteidigungsministerium hat dieses Bild aus der Stadt Sudscha veröffentlicht. Die ukrainische Armee habe es nach schweren Kämpfen geräumt. (Foto: HANDOUT/AFP)

Putins Angriffskrieg in der Ukraine geht unvermindert weiter. Die Region Kursk scheint weitgehend wieder unter russischer Kontrolle zu sein. Einen Lichtblick immerhin gibt es für die Ukrainer.

Von Florian Hassel, Belgrad

Russlands Angriffskrieg in der Ukraine geht mit unverminderter Härte weiter, obwohl die USA und die Ukraine eine zunächst auf 30 Tage befristete Waffenruhe angeboten haben. Mehreren Militäranalysten wie dem Washingtoner Institut für Kriegsstudien (ISW) oder dem Analysedienst Deep State zufolge haben die russischen Truppen mittlerweile die ukrainischen Einheiten aus ihrer Basis, der Stadt Sudscha in der russischen Grenzregion Kursk, überwiegend oder ganz vertrieben, zurück über die Grenze. Angeblich lag die Truppenstärke der Ukrainer bei 10 000 Mann.

Das Verteidigungsministerium in Moskau behauptete am Donnerstag, vollständig die Kontrolle über die von den Ukrainern im August 2024 besetzte Stadt zurückgewonnen zu haben. Mit dem Verlust der Region Kursk verliert die Ukraine ein Faustpfand in möglichen Verhandlungen mit den Russen: Präsident Wolodimir Selenskij und sein militärischer Oberkommandierender Oleksandr Syrskyj hatten den Angriff befohlen, um Kursk gegen von Russen besetzte ukrainische Gebiete einzutauschen. In der Ukraine selbst dagegen macht Moskau inzwischen kaum noch Fortschritte oder verliert teils sogar Gelände an die Ukrainer.

Putin hat seine Forderungen seit Kriegsbeginn mehrmals wiederholt

Der Agentur Reuters zufolge will Moskau Washington innerhalb von drei Tagen seine Vorstellungen übergeben. Für Donnerstagabend war ein Treffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem US-Sondergesandten Steve Witkoff geplant. US-Außenminister Marco Rubio gab sich zuvor zuversichtlich: Ein Waffenstillstand könne „binnen weniger Tage“ erreicht werden, sagte der Diplomat bei einem Auffüllstopp seines Flugzeugs US-Reportern in Irland. Tatsächlich dürfte das schwierig werden. „Wir brauchen keinen Waffenstillstand – wir brauchen Frieden; einen dauerhaften Frieden mit Garantien für die Russische Föderation“, hatte Putin etwa im Dezember bei seiner Jahrespressekonferenz gesagt.

Die Moskauer Forderungen könnten sich wie bei Verhandlungen im Frühjahr 2022 in Istanbul auf folgenden Linien bewegen: eine ukrainische Neutralität, der Abbau der heute auf bis zu 800 000 Mann geschätzten Armee auf unter 100 000, ein Verzicht sowohl auf eine Nato-Mitgliedschaft als auch den Ausschluss der Stationierung von US-Truppen oder europäischen Soldaten zur Sicherung einer künftigen Waffenstillstandslinie.

Außerdem dürfte Putin die Anerkennung der Annexion der fünf von ihm ganz oder teilweise besetzten Gebiete verlangen: der Halbinsel Krim und der Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson. Dazu müssten die ukrainischen Truppen vor allem in Donezk, Cherson und Saporischschja Tausende von ihnen gehaltene Quadratkilometer ebenso aufgeben wie die Großstädte Odessa, Saporischschja oder Dnipro. Diese Forderungen wiederholte Putin etwa im Juni und Dezember 2024.

Auch der Luftkrieg geht weiter

Auch im Luftkrieg lassen die russischen Angreifer nicht nach. Die ukrainische Luftwaffe meldete russische Angriffe mit Raketen und 117 bombensbestückten Drohnen in elf ukrainischen Regionen. Dabei kamen nach Angaben regionaler Militärgouverneure mindestens fünf Menschen ums Leben.

Überhaupt fehlen Zeichen für die russische Kompromissbereitschaft. Ukraines Menschenrechtsbeauftragter Dmytro Lubinez berichtete, in der Region Kursk hätten russische Soldaten fünf sich ergebende ukrainische Soldaten erschossen – ein Video dieses mutmaßlichen Kriegsverbrechens wurde in sozialen Medien veröffentlicht. Putin besuchte am Mittwoch die Region Kursk – und machte klar, dass alle in der Region kämpfenden Ukrainer und für sie kämpfende Ausländer „Terroristen“ seien, die kein Recht auf Schonung hätten. Der russische Generalstabschef Walerij Gerassimow sagte, es seien bisher 430 Ukrainer gefangen genommen worden.

Einen Lichtblick gibt es indes für die Ukrainer: die wieder aufgenommenen US-Waffenlieferungen. Welche Waffen konkret geliefert werden, ist geheim. Schon im Dezember 2024 gingen Kiew einem AP-Bericht zufolge etwa die weitreichenden ATACMS-Raketen aus, von denen Washington freilich auch nur wenige Dutzend geliefert hatte.

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