Die wohl erfreulichste Nachricht für die Ukraine nach dem Treffen von Dschidda und dem Angebot einer Waffenruhe an Russland kam von einem Polen: Außenminister Radosław Sikorski bestätigte, dass die US-Waffenlieferungen vom zur US-Basis und zum Waffenlager ausgebauten polnischen Flughafen Rzeszów in die nahe Ukraine wieder in vollem Umfang aufgenommen wurden.
„Ich bestätige, dass die Waffenlieferungen zu den früheren Umfängen zurückgekehrt sind“, bestätigte der Chef der polnischen Diplomatie auf einer Pressekonferenz mit dem Außenminister der Ukraine, Andrij Sybiha. Der ukrainische Außenminister betonte hingegen, was der Ukraine aktuell besonders fehlt: etwa elektronische Störsender, Abwehrraketen und moderne Ausrüstung, die die alten MiG-29-Jagdflugzeuge der Ukrainer unverwundbar gegen russische Angriffe machen würden.
Denn bisher hat die Ukraine nur einige F-16 aus US-Produktion und sechs französische Mirage-2000-Jagdflugzeuge bekommen. Aktuell habe Russland weiter „leider die totale Dominanz in der Luft und greift uns deshalb täglich an“, mit allein Tausenden Drohnen monatlich, so der Außenminister gegenüber polnischen Medien. Um einen Piloten für eine F-16 auszubilden, brauche es ein Jahr. „Aber für die MiGs haben wir die Piloten“, so der Minister.
„Wenn die Russen zustimmen, tritt die Waffenruhe unverzüglich in Kraft.“
US-Außenminister Marco Rubio zufolge wurde in Dschidda auch über „territoriale Zugeständnisse“ der Ukrainer gesprochen, so der Guardian. Präsident Wolodimir Selenskij ließ dies in seiner abendlichen Videoansprache unerwähnt, sprach nur von einem „ehrenhaften Frieden“ und ergänzte: „Wenn die Russen zustimmen, tritt die Waffenruhe unverzüglich in Kraft.“
Doch davon konnte keine Rede sein. Seine Luftüberlegenheit etwa machte Russland auch in der Nacht zum Mittwoch deutlich: Bei Angriffen mit Raketen und bombenbestückten Drohnen quer durch die Ukraine starben nach ukrainischen Angaben allein 14 Zivilisten – vier von ihnen etwa syrische Besatzungsmitglieder eines Schiffes, das im Hafen von Odessa Weizen für Algerien lud, so Oleksij Kuleba, Vize-Ministerpräsident und Minister für Wiederaufbau und Entwicklung.
Und in der Großstadt Krywy Rih starb dem Militärgouverneur zufolge eine 47 Jahre alte Frau, als ein Trolleybus bei einem russischen Angriff getroffen worden sei, fünf weitere Menschen seien verletzt worden. Militärgouverneur Serhij Lysak zufolge wurden „Infrastruktur, Mehretagenhäuser, Verwaltungsgebäude, Busse, Garagen, mehr als ein Dutzend Autos, Geschäfte und eine Bildungseinrichtung beschädigt“, was von Lyssak veröffentlichte Fotos zu belegen schienen.
Auch in der Ukraine rücken russische Truppen teilweise vor
Nicht nur in der Luft sind die Russen indes überlegen. In der russischen Grenzregion Kursk, wo sich seit August 2024 ein ukrainisches Kontingent festgesetzt hatte, griffen die Russen nicht nur mit zunehmendem Erfolg Nachschubwege der Ukrainer an. Sie eroberten nach übereinstimmenden Angaben etwa des Instituts für Kriegsstudien (ISW) in Washington auch mehrere Vororte der Kleinstadt Sudscha, des Hauptstützpunkts der Ukrainer in der Region Kursk, kaum zehn Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt.
Weiteren Berichten zufolge sollen russische Soldaten schon in Sudscha eingerückt sein und gegen die Ukrainer kämpfen. Erstmals seit dem ukrainischen Vorstoß besuchte am Mittwoch Kremlchef Wladimir Putin die Kursker Region. Er sagte, dass dort festgenommene Ukrainer wie Terroristen behandelt werden sollten.
Der ukrainische Frontreporter Jurij Butusow sprach bereits am Dienstag von einer sehr ernsten Lage für die Ukrainer, weil etliche Nachschub- und Fluchtwege und Brücken durch russisches Dauerfeuer zerstört seien. Er fügte hinzu, ein Rückzug und Umgehen einer Einkesselung durch die Russen sei „noch“ möglich.
Auch in der Ukraine selbst rücken die Russen lokal vor – etwa nordwestlich des lange umkämpften Ortes Robotyne südlich der Metropole Saporischschija oder bei Siwersk in der Region Donezk. Dagegen rückten die Ukrainer dem ISW zufolge ihrerseits in den wichtigen Städten Pokrowsk und Torezk wieder auf zuvor verlorenes Gebiet vor – der Fall beider Städte war schon vor Monaten erwartet worden.