Süddeutsche Zeitung

Ukraine-Konflikt:Rechter Gipfel in Madrid stellt sich gegen Putin

Auf Einladung der spanischen Partei Vox versammeln sich in Madrid der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, Polens Premier Mateusz Morawiecki und Marine Le Pen aus Frankreich. Die Erklärung nach dem Treffen fällt erstaunlich deutlich aus.

Von Karin Janker, Madrid

Uneinig ist man sich hinterher nur noch darüber, ob man sich wirklich einig ist. So lässt sich das Ergebnis eines Treffens rechter und ultrakonservativer Politiker am Wochenende in Madrid zusammenfassen. Zu dem "Gipfel zur Verteidigung Europas", zu dem die rechtspopulistische Partei Vox in ein Nobelhotel an der Plaza de España in der spanischen Hauptstadt geladen hatte, kamen als prominenteste Gäste die Ministerpräsidenten Ungarns und Polens. Deren Auftritte zeugten allerdings davon, dass unter den Teilnehmern keineswegs Einstimmigkeit darüber bestand, wie Europa denn nun genau zu verteidigen wäre. Und vor allem: gegen wen.

Eigentlich hätte das Treffen ein großes EU-Bashing werden sollen. Schließlich ist Brüssel aus Sicht etwa des Vox-Europaabgeordneten Jorge Buxadé, der überraschenderweise am Ende statt Parteichef Santiago Abascal die Ergebnisse der Veranstaltung vortrug, eine "Bürokratiemaschine, die sich unabhängig von den Nationen verselbständigt hat und ideologische Ziele verfolgt". So weit noch Konsens unter denen, die da angereist waren.

Doch die Weltlage sorgte dafür, dass in Madrid auch über eine andere, womöglich dringlichere Bedrohung Europas gesprochen wurde. Am Ende des Treffens stand eine Erklärung mit einer dann doch erstaunlich deutlichen Botschaft Richtung Russland, wenn auch der russische Präsident Wladimir Putin nicht namentlich genannt wurde. Das Papier verurteilt "die Militäraktionen Russlands an der östlichen Grenze Europas, die uns an den Rand eines Krieges gebracht" hätten und spricht dabei von "der Bedrohung durch Aggressionen von außen".

Polens Ministerpräsident kritisiert Berlin

Die Erklärung entspricht in weiten Teilen der polnischen Position. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hatte seinen Besuch in Spanien auch genutzt, um der konservativen Tageszeitung El Mundo ein Interview zu geben, in dem er vor Putins imperialen "Träumen" warnte und seine Kritik an der deutschen Haltung im Konflikt um die Ukraine erneuerte. Morawiecki mahnte in Richtung Bundesregierung einmal mehr, dass die Gaspipeline Nord Stream 2 die Abhängigkeit von Russland vertiefe. Er selbst wolle hier in Madrid auf Viktor Orbán einwirken, dass dieser seine Differenzen mit der Ukraine beilege, so Morawiecki.

Polens Premier sagte dies wenige Stunden vor dem "Gipfel", der wiederum wenige Tage vor Orbáns geplantem Besuch bei Putin stattfand. Dass der ungarische Premier sich als Bote der Gipfelerklärung hergibt, ist nach dem Treffen in Madrid indes nicht zu erwarten. Zwar wurde Orbán von Vox-Chef Santiago Abascal, der ob des hohen Besuchs triumphal lächelte, vor laufenden Kameras in Madrid willkommen geheißen. Doch Orbán gab sich davon wenig beeindruckt und tauchte nach der Zusammenkunft nicht einmal mehr zur Pressekonferenz auf.

"Wer gehen will, soll gehen", sagt Marine Le Pen

Wer dort hingegen weitschweifige Erklärungen zur französischen Innenpolitik abgab, war die ebenfalls angereiste Marine Le Pen. Nachdem immer mehr ehemalige Unterstützer ihrer Formation Rassemblement National sich hinter dem Rechtsextremen Éric Zemmour versammeln, sagte Le Pen in Madrid: "Wer gehen will, soll gehen, aber am besten jetzt gleich." Le Pen, heißt es hinterher, habe den Teil in der gemeinsamen Erklärung, der sich auf Russland bezog, nicht unterzeichnet.

So verfolgte beim "Gipfel von Madrid", wie Vox das Treffen getauft hatte, jeder Gast ein wenig seine eigene Agenda. Und Vox-Mann Buxadé stand am Ende ziemlich einsam da, als er die Veranstaltung einen "durchschlagenden Erfolg" nannte.

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