Ukraine-Krise:USA bezeichnen Begriff "Friedenstruppen" im UN-Sicherheitsrat als "Unsinn"

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Präsident Biden ordnet erste Sanktionen gegen Russland an. Ein avisiertes Gipfeltreffen mit Putin steht auf der Kippe. Als Invasion wollen die USA Putins Marschbefehl aber noch nicht werten. Ukraines Präsident Selenskij erwartet "klare und wirkungsvolle Schritte der Unterstützung".

Auf einer Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen bezeichnet die US-Gesandte Linda Thomas-Greenfield die Behauptung von Kreml-Chef Wladimir Putin, es würde sich um bei den entsendeten russischen Truppen in der Ostukraine um Friedenstruppen handeln, als "Unsinn". Putins Anerkennung der Separatistengebiete sei ein Versuch, einen Vorwand für eine weitere Invasion der Ukraine zu schaffen. Sein Schritt habe "das Minsker Abkommen in Stücke gerissen".

Angesichts eines möglichen Krieges mit Russland beschwor die Ukraine vor den Vereinten Nationen den Widerstand. "Wir werden standfest sein. Wir befinden uns auf unserem Grund und Boden. Wir haben vor nichts und niemandem Angst. Wir schulden niemandem etwas und wir geben niemandem etwas", sagte der ukrainische UN-Botschafter Serhij Kyslyzja vor dem UN-Sicherheitsrat. Es sei "nicht Februar 2014. Es ist Februar 2022", meinte er in Anspielung an die Annektierung der Krim durch Russland.

Die deutsche UN-Botschafterin Antje Leendertse erklärte vor der Sitzung, Russland habe seine wahren Absichten in der Region offenbart. "Russland hat wiederholt darauf bestanden, nicht an dem (Ukraine)-Konflikt beteiligt zu sein. Heute hat es sich entlarvt und zeigt, dass es das schon immer war", sagte sie. Zusammen mit den Verbündeten werde Deutschland "entschiedene und angemessene Maßnahmen" ergreifen, um auf den Verstoß Russlands gegen das Völkerrecht zu reagieren. Dies werde schwerwiegende wirtschaftliche, politische und geostrategische Folgen haben.

"Wir brauchen eine diplomatische Lösung", sagte der französische UN-Botschafter Nicolas de Rivière vor der Sitzung des UN-Sicherheitsrates. Dafür werde sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron "in den kommenden Stunden, in den kommenden Tagen" einsetzen. Der Entsendungsbefehl sei aber eine Verletzung der UN-Charta.

China rief vor der Sondersitzung des Sicherheitsrates alle Beteiligten im Ukraine-Konflikt zur Zurückhaltung auf. "Alle betroffenen Parteien müssen Zurückhaltung üben und alles vermeiden, was Spannungen schüren könnte", sagte der chinesische UN-Botschafter Zhang Jun. "Wir glauben, dass alle Länder internationale Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der UN-Charta lösen sollten."

Russland drohte der Ukraine mit weiteren Konsequenzen. Kiew habe angeblich "militärische Pläne" und würde Luhansk und Donezk beschießen und provozieren. Nach der Anerkennung durch Moskau könne dies "äußerst gefährliche Folgen haben", sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja im UN-Sicherheitsrat. "Wir beabsichtigen nicht, ein neues Blutbad im Donbass zuzulassen."

Für die Eskalation gab der Botschafter der ukrainischen Führung die Schuld. Die Weigerung Kiews, direkt mit den Separatisten zu verhandeln, habe gezeigt, dass die Regierung das Minsker Abkommen nicht habe erfüllen wollen. Um einen Krieg zu vermeiden, müsse die Ukraine nun zu einem Ende der angeblichen Provokationen gezwungen werden. (22.02.2022)

Biden ordnet erste Sanktionen gegen Russland an

US-Präsident Joe Biden hat nach Angaben des Washingtoner Präsidialamts noch am Montag ein Dekret unterzeichnet, das Geschäfte in oder mit den beiden von Russland anerkannten Separatisten-Regionen in der Ostukraine verbietet. Dadurch werden allen Amerikanern unabhängig von ihrem Standort neue Investitionen in den Gebieten untersagt, teilt das Weiße Haus mit. Zudem würden Importe aus den Regionen verboten.

In Absprache mit ihren Verbündeten wollen die USA am Dienstag weitere Sanktionen gegen Russland verhängen, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses. US-Präsident Joe Biden habe jedoch weiterhin nicht die Absicht, amerikanische Streitkräfte in die Ukraine zu schicken.

Die Entsendung russischer Truppen in die abtrünnigen Regionen der Ostukraine werden von den USA zunächst noch nicht als Invasion eingeordnet, die ein umfassendes Sanktionspaket auslösen würde. Es handele sich lediglich um Gebiete, "die sie bereits besetzt haben", sagt ein US-Regierungsmitarbeiter in einer Telefonkonferenz mit Reportern. Russland habe bereits seit acht Jahren Truppen im Donbass und "mache das jetzt nur auf eine offensichtlichere Art und Weise. Aber wir machen uns keine Illusionen über das, was als Nächstes kommen wird".

Am Mittwoch will sich der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba in Washington mit Blinken treffen, um über die Verschärfung der Krise in der Ukraine zu sprechen. "In Anbetracht der Dynamik der Situation hatte ich ein weiteres Gespräch mit Blinken vor unserem morgigen Treffen in Washington, DC", schreibt Kuleba auf Twitter. Hauptthema seien Sanktionen gegen Russland.

Die grundsätzliche Zustimmung von Biden, sich mit Putin zu treffen, wankt Washingtoner Regierungskreisen zufolge. Die USA würden die Diplomatie so lange weiterverfolgen, "bis die Panzer rollen", hieß es. Das Botschaftspersonal der Vereinigten Staaten in der Ukraine wird nach Angaben von Blinken aus Sicherheitsgründen für zunächst eine Nacht von Lwiw nach Polen verlegt. (22.02.2022)

Selenskij erwartet "klare und wirkungsvolle Schritte der Unterstützung"

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hat zurückhaltend auf die russische Anerkennung der "Volksrepubliken" in der Ostukraine als unabhängige Staaten reagiert. "Wir sind dem friedlichen und diplomatischen Weg treu und werden nur auf diesem gehen", sagte Selenskij in einer Ansprache in der Nacht zum Dienstag. Zugleich betonte der 44-Jährige: "Die Anerkennung der Unabhängigkeit der besetzten Kreise der Gebiete Donezk und Luhansk kann den einseitigen Austritt aus den Minsker Vereinbarungen bedeuten." Auf Provokationen werde Kiew nicht reagieren - aber auch kein Territorium aufgeben.

Von den Partnern der Ukraine erwarte er "klare und wirkungsvolle Schritte der Unterstützung", erklärte der ukrainische Staatschef. Jetzt werde sich zeigen, wer ein "wirklicher Freund und Partner" sei - und wer Russland weiterhin nur mit Worten ängstigen wolle. Kiew habe nur einen Traum: "Frieden in der Ukraine." Selenskij sagte: "Es gibt jetzt keinerlei Gründe für chaotische Handlungen." Es gebe keine Gründe, schlaflose Nächte zu haben. (22.02.2022)

Milde Kritik von der Türkei an Russland

Die Türkei kritisiert Russlands Anerkennung der abtrünnigen Regionen in der Ostukraine als inakzeptabel. Russlands verletze damit nicht nur das Minsker Abkommen, sondern auch die politische Einheit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine, erklärte das Außenministerium in Ankara. Die Regierung fordert alle Konfliktparteien auf, internationales Recht zu respektieren.

Das Nato-Mitglied Türkei hat im Schwarzen Meer eine Seegrenze sowohl zu Russland als auch zur Ukraine, unterhält zu beiden Nachbarn gute Beziehungen und hat Vermittlungen angeboten. Die Türkei hat Russland vor einer Invasion der Ukraine gewarnt und zugleich Sanktionen gegen Russland abgelehnt. (22.02.2022)

Putin ordnet Entsendung von Truppen in die Ostukraine an

Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Entsendung von Truppen in die Ostukraine angeordnet. Die Einheiten sollen laut der russischen Darstellung in den von Moskau nun als unabhängige Staaten anerkannten "Volksrepubliken Luhansk und Donezk" für Frieden sorgen, wie aus einem Dekret hervorgeht, das der Kremlchef am Montag in Moskau unterzeichnet hat.

Zudem wies Putin das Außenministerium an, diplomatische Beziehungen zu den beiden Regionen aufzunehmen, die völkerrechtlich zur Ukraine gehören. Zuvor hatte Putin die selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten anerkannt. (21.02.2022)

Hektische Telefondiplomatie nach Putin-Rede

Die EU wird mit Sanktionen auf Russlands Entscheidung reagieren, die selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten anzuerkennen. Die Strafmaßnahmen sollen diejenigen treffen, die an der Handlung beteiligt seien, erklärten Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel. Mehrere EU-Länder fordern sofortige Strafmaßnahmen.

Auch US-Präsident Joe Biden wird nach Angaben des Washingtoner Präsidialamts in Kürze ein Dekret unterzeichnen, das Geschäfte in oder mit den beiden von Russland anerkannten Separatisten-Regionen in der Ostukraine verbietet. Es würden weitere Maßnahmen folgen, sagte eine Sprecherin. Diese seien unabhängig von Sanktionen, die die USA mit ihren Verbündeten im Fall einer russischen Invasion in der Ukraine vorbereitet hätten.

Biden hat nach Angaben einer Sprecherin unterdessen mit dem ukrainischen Staatschef Wolodimir Selenskij telefoniert. Außerdem sprach er mit Bundeskanzler Olaf Scholz und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Steffen Hebestreit, der Sprecher der Bundesregierung, sagte anschließend, alle drei Gesprächspartner seien sich darüber einig gewesen, "dass dieser einseitige Schritt Russlands ein klarer Bruch des Minsker Abkommens ist". Putins Handeln werde nicht unbeantwortet bleiben. Man werde nicht nachlassen, die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine zu garantieren. Zugleich werde man sich nach Kräften dafür engagieren, eine weitere Eskalation der Lage zu verhindern. (21.02.2022)

Putin hält Fernsehansprache und droht mit Krieg

In einer Rede an die Nation äußert sich der russische Präsident Wladimir Putin am Abend zu den beiden ukrainischen Provinzen Luhansk und Donezk, die von russischen Separatisten beherrscht werden. Die Separatisten hatten Putin am Montag aufgefordert, die beiden Gebiete als unabhängig anzuerkennen. Das hat er nun per Dekret getan - und für sich eine Legitimation geschaffen, um mit der russischen Armee in die Gebiete einzumarschieren.

Seine etwa einstündige Fernsehansprache, die das russische Staatsfernsehen überträgt und die Beobachter als entrückt bezeichnen, ist ein Rundumschlag, gegen die Ukraine, gegen die Nato und die EU, gegen den Westen als Ganzes. Oft bringt er historische Bezüge, etwa, als er der Ukraine das Existenzrecht als eigenständiger Staat abspricht. Die Ukraine habe nie eine eigene Staatstradition gehabt. Dem Land sei es nie gelungen, einen stabilen Staat zu schaffen, sagt Putin. Deshalb habe es sich auf andere Länder wie die USA verlassen müssen. Die ukrainischen Behörden seien von Nationalismus und Korruption verunreinigt, das Land befinde sich in den Händen von oligarchischen Clans.

Putin droht der Ukraine kaum verhohlen mit Gewalt. Wenn die "Kampfhandlungen" von Seiten der Regierung in Kiew im Osten des Landes nicht eingestellt würden, dann werde Russland sich verteidigen und zurückschießen. Er sei zuversichtlich, dass die russische Bevölkerung seine Entscheidung unterstütze, erklärt er.

Außerdem wirft Putin der Ukraine vor, nach Atomwaffen zu streben. Dies komme Vorbereitungen für einen Angriff auf Russland gleich und könne nicht ignoriert werden, sagt Putin. Die Ukraine habe das Atom-Know-How aus der Sowjetzeit. Wenn das Land in den Besitz von Massenvernichtungswaffen komme, werde sich die globale Lage drastisch ändern. Außerdem gehe in der Ostukraine ein Massenverbrechen am russischen Volk vor sich. Vier Millionen Menschen seien betroffen. "Die sogenannte zivilisierte Welt zieht es vor, den von Kiew begangenen Genozid im Donbass zu ignorieren", sagt Putin.

Die Nato habe Russland jahrelang getäuscht, so Putin. Seinem Land sei zu Sowjetzeiten bei der Wiedervereinigung Deutschlands versprochen worden, dass die Nato sich kein bisschen nach Osten ausdehne, so der Kremlchef. "Sie haben uns betrogen", sagt Putin und wirft dem westlichen Bündnis vor, bereits fünf Wellen der Ausdehnung nach Osten durchgezogen zu haben - und Russland wie einen Feind zu behandeln. Das westliche Militärbündnis habe es darauf angelegt, Russland als flächenmäßig größtes Land zu schwächen, und es habe sämtliche Warnungen ignoriert. Der westliche Verteidigungsblock habe seine militärische Infrastruktur immer weiter an die Grenzen Russlands heranbewegt und dabei auf Moskaus Sorgen "gespuckt", so Putin. (21.02.2022)

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