Bei den Kämpfen in der Ukraine soll bereits der zweite russische General getötet worden sein. Nach Darstellung des ukrainischen Militärgeheimdienstes wurde Generalmajor Vitali Gerasimow bei den Kämpfen um die Stadt Charkiw getötet. Einzelheiten über den angeblichen Tod des stellvertretenden Kommandeurs der 41. russischen Armee, die derzeit rund um die Großstadt im Nordosten eingesetzt wird, wurden nicht bekannt, eine offizielle russische Bestätigung fehlte. Das Investigativ-Netzwerk Bellingcat will aber von russischer Seite eine Bestätigung erhalten haben.
Die Quelle für die Nachricht soll ein von ukrainischer oder westlicher Seite abgehörtes Handygespräch zweier Offiziere des russischen Geheimdienstes FSB sein. Diese hätten über den Tod des Generalmajors gesprochen und beklagt, dass die Armee kein geschütztes Kommunikationssystem habe, sondern in Teilen der Ukraine über Mobilfunk miteinander sprechen müsse, so der ukrainische Militärgeheimdienst.
Das von der Armee 2021 entwickelte hochgeheime Krypto-Kommunikationssystem "Era" funktioniere dem Telefonat der FSB-Offiziere zufolge nicht, twitterte Bellingcat-Chef Christo Grozev unter Berufung auf russische Quellen. Einer der Geheimdienstoffiziere habe gesagt: "Era arbeitet hier nicht." Dies würde auch erklären, weshalb Moskaus Truppen das ukrainische Telefonnetz bisher nicht abzuschalten versucht haben.
Der 1977 geborene Generalmajor, nicht zu verwechseln mit dem russischen Generalstabschef Waleri Gerassimow, soll wegen seiner Teilnahme an den Kriegen in Tschetschenien, Georgien und Syrien sowie bei der Annexion der Krim ausgezeichnet worden sein. Westlichen Medienberichten zufolge war Gerasimow von Präsident Wladimir Putin empfangen worden, um die Ukraine-Invasion zu besprechen.
Schon Ende Februar war ein General getötet worden
Vor Gerasimow war Ende Februar bereits ein anderer stellvertretender Kommandeur der 41. Armee gefallen, Generalmajor Andrej Suchowezki. Sein Ableben war russischen Medien zufolge in den sozialen Medien von einem anderen Offizier betrauert worden.
Der Tod der beiden Generalmajore und der Einblick in die mangelhaften Kommunikationssysteme wirft erneut ein Licht auf die schlechte Organisation der Streitkräfte Moskaus. Mit Beginn des Kriegs waren logistische Mängel offensichtlich geworden. Den Truppen fehlt es wohl an Nachschub, an Treibstoff und angeblich sogar an Lebensmitteln. Ebenso auffällig ist nach Meinung von Militärexperten, dass das Zusammenspiel der Einheiten und Verbände am Boden nicht funktioniert.
Ein Kennzeichen von Russlands Armee ist die bis heute starke Zentralisierung der Befehlskette. Anders als etwa bei den US-Streitkräften können Offiziere nicht eigenständig entscheiden, sondern müssen auch in Detailfragen durch die gesamte Offizierspyramide Zustimmung von oben einholen. Dies schwächt die Reaktionsfähigkeit.
Nachteilig für die offiziell rund 900 000 Mann starken Streitkräfte dürfte zudem die Zusammensetzung aus Berufs- und Zeitsoldaten auf der einen und Wehrpflichtigen auf der anderen Seite sein. Während Elitetruppen wie etwa Fallschirmjäger oder die Marineinfanterie aus professionellen Soldaten bestehen, greift das Heer auf viele Wehrpflichtige zurück. Unklar ist aber, in welchem Maße sie in der Ukraine im Einsatz sind. Präsident Putin hatte am Montag versichert, "dass Wehrpflichtige nicht an Kämpfen teilnehmen". Kampfeinsätze würden "nur von Berufssoldaten ausgeführt".
Im Gegensatz dazu stehen ukrainische Berichte über junge Kriegsgefangene, die ohne ausreichendes militärisches Training und mit geringer Kampffähigkeit an der Invasion teilnehmen müssen. Moral und Kampfgeist eines Teils der Truppen seien ungewöhnlich gering. Sie ergäben sich schnell oder desertierten. Auch hierfür fehlen allerdings unabhängige Belege. Bei Videos, in denen Kriegsgefangene aussagen, bleibt unklar, ob sie von ukrainischer Seite zur Aussage gezwungen worden sind.