Ukraine:Selenskij reist nach Dschidda

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Zerstörungen in der Stadt Dobropillia, wo elf Menschen durch die russischen Angriffe ihr Leben verloren. (Foto: Nadia Karpova/REUTERS)

Nach heftigen russischen Luftattacken über mehrere Tage kommt Bewegung in die Gespräche über Wege zur Beendigung des Ukraine-Kriegs. Vertreter der Ukraine und der USA kündigen ihren Besuch in Saudi-Arabien an.

Nach den ersten Sondierungen ukrainischer und amerikanischer Unterhändler in Saudi-Arabien über einen Weg zu einem Frieden in der Ukraine will nun auch Präsident Wolodimir Selenskij nach Dschidda reisen. „Morgen werden wir weiter für den Frieden arbeiten – ich werde Saudi-Arabien besuchen“, bestätigte er am Sonntagabend in seiner täglichen Videoansprache die Teilnahme an den Verhandlungen. Die ersten Gespräche der Unterhändler seien bereits zufriedenstellend verlaufen. „Wir hoffen auf Ergebnisse, sowohl im Hinblick auf den Frieden als auch auf die weitere Unterstützung.“

Auch US-Außenminister Marco Rubio nimmt an den Gesprächen mit der Ukraine in Saudi-Arabien teil. Rubio werde am Montag nach Dschidda aufbrechen, um dort mit der ukrainischen Seite über eine mögliche Friedenslösung für den russischen Angriffskrieg gegen das Land zu beraten, teilte das US-Außenministerium in Washington mit. Von ukrainischer Seite sind neben Selenskij bei dem Treffen in Saudi-Arabien auch sein Kanzleichef Andrij Jermak, Außenminister Andrij Sybiha und Verteidigungsminister Rustem Umjerow dabei. Saudi-Arabien ist auch im Gespräch für ein mögliches späteres Treffen von US-Präsident Donald Trump mit Kremlchef Wladimir Putin.

Die Ukraine werde „vielleicht ohnehin nicht überleben“, provozierte Trump

Der US-Sondergesandte Steve Witkoff sagte, die Idee der Gespräche sei, „einen Rahmen für ein Friedensabkommen und einen ersten Waffenstillstand festzulegen“. In Kiew sagte Selenskijs Kanzleichef Jermak nach einem Treffen mit dem britischen Nationalen Sicherheitsberater Jonathan Powell, die von Selenskij beim EU-Krisentreffen genannten Ziele einer Feuerpause in der Luft und zur See und eines Stopps der Angriffe auf zivile und Energie-Infrastruktur sollten zuerst verfolgt werden. Dass Trump den Krieg so schnell wie möglich beenden wolle, habe Rubio am Samstag im Telefonat mit Außenminister Sybiha unterstrichen, teilte das US-Außenministerium mit.

Trump selbst provozierte dagegen am Sonntag im Sender Fox News mit der Äußerung, die Ukraine werde „vielleicht ohnehin nicht überleben.“ Er war gefragt worden, ob er sich damit wohlfühle, dass er die Hilfen für das Land gestoppt habe und die Ukraine dies möglicherweise nicht überleben werde. Trump sucht eine Verständigung mit Russlands Machthaber Wladimir Putin. Zugeständnisse verlangte er bislang nur von der Ukraine.

USA lassen Ukraine keine Satellitenbilder mehr zukommen

Die USA liefern kein Militärmaterial mehr und lassen der Ukraine nun auch keine Satellitenaufnahmen mehr zukommen, die für Erkenntnisse über russische Angriffe wichtig sind. „Die US-Regierung hat beschlossen, die ukrainischen Konten in GEGD vorübergehend auszusetzen“, teilte die US-Luft- und Raumfahrtfirma Maxar Technologies mit, die Behörde US National Geospatial-Intelligence Agency (NGA) bestätigte dies. GEGD ist das wichtigste Portal für von der US-Regierung gekaufte kommerzielle Bilddaten.

Auch Trumps enger Berater Elon Musk übt jetzt offenbar Druck auf die Ukraine aus. Der US-Milliardär betonte am Sonntag die Rolle seines Satellitensystems Starlink für die Kommunikation ukrainischer Truppen. „Wenn ich es abschalten würde, bräche ihre gesamte Front zusammen“, schrieb Musk auf seiner Plattform X. Er habe das jahrelange „Schlachten“ in einem Patt satt, die Ukraine verliere ohnehin. Es sei daher nötig, sofort Frieden zu schließen. Später stellte er klar: „Um ganz deutlich zu sein, egal, wie sehr ich die ukrainische Politik ablehne, Starlink wird seine Terminals niemals abschalten.“

Unterdessen kündigte Frankreichs Verteidigungsminister an, sein Land wolle der Ukraine schneller Militärmaterial wie Panzer und Frontfahrzeuge liefern. Sébastien Lecornu sagte der Zeitung La Tribune Dimanche, Frankreich werde zudem aus den Zinsen eingefrorener russischer Vermögenswerte 195 Millionen Euro mobilisieren zur Bewaffnung der Mirage-Kampfjets, die Paris der Ukraine liefert.

Mehr als 2100 russischen Luftangriffe in einer Woche

Selenskij hat nach einer Woche mit mehr als 2100 russischen Luftangriffen noch einmal dringlich dazu aufgerufen, sein Land weiter zu unterstützen. Russland habe fast 1200 Gleitbomben abgeworfen, dazu mit 870 Kampfdrohnen und 80 Raketen angegriffen, teilte er auf Telegram mit. Russland griff die Ukraine auch am Wochenende weiterhin massiv an. Das ukrainische Militär berichtete, in der Nacht zum Sonntag seien 119 russische Drohnen eingesetzt, davon 73 abgefangen worden, es seien Schäden in sechs Regionen angerichtet worden.

Noch heftiger waren die Angriffe in der Nacht zum Samstag mit 145 Drohnen, von denen 79 abgefangen worden seien. In Dobropillja in der Region Donezk wurden elf Menschen getötet und 30 verletzt, in der Region Charkiw kamen drei Zivilisten um, sieben wurden verletzt. Auch in der Hafenstadt Odessa hätten Drohnen erneut auf Energieversorgung und zivile Infrastruktur gezielt, meldeten die ukrainische Agentur Ukrinform und die russische Staatsagentur Tass.

Dem ukrainischen Generalstab zufolge hat Russland versucht, Soldaten durch eine Gaspipeline zu schicken, um die Kleinstadt Sudscha im Gebiet Kursk zurückzuerobern. Dies sei aber rechtzeitig entdeckt worden. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, seine Streitkräfte hätten drei weitere Dörfer im Gebiet Kursk zurückerobert. Angaben zum Kampfgeschehen sind nicht unabhängig überprüfbar.

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