Militärhilfen für die Ukraine:Rechnung mit Unbekannten

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Für die militärische "Ertüchtigung" - hier ein "Leopard 2"-Kampfpanzer der Bundeswehr - sind im Haushalt 2025 vier Milliarden Euro eingeplant. (Foto: Kay Nietfeld/DPA)

Die Bundesregierung plant im Haushalt 2025 mit sehr viel weniger Geld für die bilaterale Unterstützung der Ukraine. Die Lücke decken soll ein Fonds der G-7-Staaten.

Von Daniel Brössler, Claus Hulverscheidt, Paul-Anton Krüger, Sina-Maria Schweikle, Berlin

Die Bundesregierung plant im Haushalt 2025 nur noch vier Milliarden Euro für die bilaterale Unterstützung der Ukraine ein, etwa die Hälfte des Betrags, der im laufenden Jahr vorgesehen ist. Im Haushalt 2024 beläuft sich der entsprechende Titel zur „Ertüchtigung von Partnerstaaten im Bereich Sicherheit, Verteidigung und Stabilisierung“ noch auf 7,48 Milliarden Euro. Das Geld ist, wie es in Regierungskreisen heißt, bereits jetzt weitgehend ausgegeben oder fest verplant.

Das Bundesfinanzministerium wies Spekulationen zurück, die Mittel für die militärische Unterstützung seien wegen der aktuellen Haushaltsnöte zusammengestrichen worden. Eine Sprecherin betonte, die sogenannte Ertüchtigungshilfe habe mit vier Milliarden Euro das gleiche Volumen wie seinerzeit im Etatentwurf der Regierung für das laufende Jahr. Wenn der Bundestag die Summe wie schon im Herbst 2023 aufstocken wolle, sei das auch diesmal „grundsätzlich wieder möglich“.

Was später aufgestockt wird, muss anderswo eingespart werden

Allerdings ist der Haushalt 2025 schon jetzt sehr auf Kante genäht. Im Haus von Finanzminister Christian Lindner (FDP) rechnet man zwar damit, dass die Abgeordneten von ihrem Königsrecht Gebrauch machen und im Budget Veränderungen vornehmen. Auch sie müssten sich aber im Rahmen der Schuldenbremse und der erlaubten Nettokreditaufnahme bewegen, heißt es. Wenn also die Parlamentarier die Ukraine-Hilfe aufstocken wollten, müssten sie das Geld an anderer Stelle im Haushalt einsparen.

Wie in der Kabinettsvorlage zum Etatentwurf zu lesen ist, rechnet das Bundesfinanzministerium aber nicht damit, dass die Ukraine die vier Milliarden Euro an Militärhilfe vollständig in Anspruch nehmen müsse. Grund dafür ist eine G-7-Initiative, die der Ukraine in den kommenden Monaten eine einmalige Finanzhilfe in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar (rund 46 Milliarden Euro) gewähren soll. Darauf hatten sich die Staats- und Regierungschefs der Gruppe der sieben führenden westlichen Industriestaaten bei ihrem Gipfeltreffen Mitte Juni in Italien zumindest im Grundsatz geeinigt.

Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann bestätigte am Freitag nochmals, dass dies bei der Planung des Haushalts Grundlage war. Sie wollte sich nicht dazu äußern, ob der Haushalt noch einmal aufgestockt werden müsse, sollte der geplante 50-Milliarden-Topf der G-7-Staaten nicht zustande kommen.

Baerbock und Pistorius sind nicht zufrieden

Die Staaten wollen sich dafür die Auslandsreserven der russischen Notenbank in Höhe von mehr als 280 Milliarden Dollar zunutze machen. Diese waren mit Beginn des russischen Angriffskriegs eingefroren worden, werfen aber Zinserträge von drei bis vier Milliarden Dollar pro Jahr ab. Die Idee ist nun, zugunsten Kiews Kredite in einem Gesamtvolumen von 50 Milliarden Dollar am Finanzmarkt aufzunehmen und Zins und Tilgung aus eben jenen Kapitalerträgen zu bezahlen.

„Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Ukraine einen wesentlichen Teil ihres militärischen Bedarfs daraus decken wird“, sagte Lindners Sprecherin. Der Ansatz im Bundeshaushalt 2025 sei daher „bedarfsgerecht gewählt“. Der Grünen-Abgeordnete Anton Hofreiter sagte der Süddeutschen Zeitung, ob mit der geplanten Zinsabschöpfung und im Laufe des Haushaltsvollzugs wirklich weniger Geld bei der Ukraine ankomme, sei noch offen. Aber die Reduzierung im Haushalt sei ein „falsches Signal“.

Auch in der Bundesregierung sind wichtige Ressorts unzufrieden: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hatten sich sowohl Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) als auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in der Aussprache vor dem Kabinettsbeschluss dafür eingesetzt, mehr Geld einzuplanen, zumal zu dem 50-Milliarden-Fonds bislang nur eine politische Einigung besteht, viele technische Details aber noch geklärt werden müssen.

Dabei herrscht großer Zeitdruck. Die USA hatten den Fonds auch deshalb vorgeschlagen, um die Unterstützung der Ukraine selbst für den Fall sicherzustellen, dass der mit Wladimir Putin sympathisierende frühere US-Präsident Donald Trump 2025 ins Weiße Haus zurückkehrt oder der Kongress weitere Finanzhilfen blockiert. Bis zur Wahl am 9. November muss also alles unter Dach und Fach sein.

Auch in Brüssel ist Eile geboten. Die Europäische Union will sich mit 25 Milliarden Dollar an der Initiative beteiligen und dafür ihre bereits laufende sogenannte Makrofinanzhilfe für die Ukraine aufstocken. Diese Aufstockung ist aber nur noch bis Ende dieses Jahres per Mehrheitsentscheid möglich. Von 2025 an wäre ein einstimmiger Beschluss der 27 EU-Staaten erforderlich. Russlandfreundliche Regierungen wie etwa Ungarns Premierminister Victor Orbán könnten das gesamte Konstrukt dann zu Fall bringen.

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