Krieg in der Ukraine:Biden stellt China vor die Wahl

Krieg in der Ukraine: Viel Telefondiplomatie gerade: Joe Biden in Weißen Haus.

Viel Telefondiplomatie gerade: Joe Biden in Weißen Haus.

(Foto: White House /imago images)

Der US-Präsident warnt Xi Jinping persönlich davor, Russland zu helfen. Auch Taiwan ist Thema bei einem zweistündigen Telefonat.

Von Fabian Fellmann, Washington

Auf immer höherer Stufe und in immer kürzeren Abständen haben die USA China in den vergangenen Tagen signalisiert: Hände weg vom Ukraine-Konflikt, keine Hilfe für Russland. Am Freitag sind die Warnungen auf der höchsten Stufe angekommen. US-Präsident Joe Biden hat mit Chinas Präsident Xi Jinping gesprochen, im erst vierten direkten Kontakt zwischen den beiden.

Es wurde eine intensive, fast zwei Stunden lange Unterhaltung. Danach verbreitete China eine Lesart, in der Xi Biden den Tarif durchgegeben hat. Xi habe Biden um einen "kühlen Kopf" und ein "rationales" Vorgehen gebeten. "Die Ukraine-Krise ist nicht etwas, das wir sehen wollen", sagte Xi, von Krieg mochte er noch immer nicht reden, sich klar positionieren ebenfalls nicht.

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Die USA und China müssten "ihren Teil an internationaler Verantwortung und Arbeit für den Weltfrieden und Stabilität tragen", sagte Xi, und rief zu einer Verhandlungslösung auf. Zu Bidens Vorwurf, Russland unterstützen zu wollen, äußerte sich der chinesische Präsident nicht. Dafür kritisierte Xi die Wirtschaftssanktionen des Westens scharf. Diese könnten die Weltwirtschaft in eine "ernsthafte Krise" stürzen.

Biden bekräftigte danach, dass er Xi bei dem Gespräch mit "Konsequenzen" drohte, falls China Russland mit Kriegsmaterial aushelfen sollte. Gemeint sind damit Sanktionen. Sprecherin Jen Psaki wollte keine konkreteren Resultate nennen und sagte lediglich, die USA hätten ihre Position klar gemacht und schauten nun genau hin, wie sich China verhalte. Ob Biden jedoch die Antworten auf die Fragen erhalten hat, die er gesucht hatte, ließ sie offen.

Auch nach dem Telefonat steht die Frage im Raum: Wo steht Xi? Die Beziehung zwischen den zwei Mächten stehe an einem Wendepunkt, heißt es in Washington. Stellt sich China hinter Russland? Bestärkt es damit die Entstehung einer neuen Weltordnung, einer der zwei großen Autokratien gegen die Vielzahl der Demokratien? Bisher hat China gezögert, hat die russische Propaganda verbreitet, Russland im Sicherheitsrat geschützt, den Westen für den Krieg mitverantwortlich gemacht, sich aber als neutrale Macht auszugeben versucht.

Chinas Drohnen und Raketen für den Krieg?

Nun aber neige Peking dazu, Russland zu Hilfe zu eilen; zu diesem Schluss ist Washington gelangt. Moskau habe Peking um Unterstützung mit Kriegsmaterial und Wirtschaftshilfen gebeten, ließ die US-Administration am vergangenen Wochenende durchsickern. Peking und Moskau dementierten. Doch Russland sucht Drohnen, Raketen, Munition; China hat all das zu bieten. Und China könnte wirtschaftlich helfen, etwa beim Verkauf von Öl und Gas, beim Zugang zu Technologie-Produkten, Rohstoffen und Finanzdienstleistungen.

Darum haben die USA den Druck auf China erhöht, öffentlich und unmissverständlich Position zu beziehen. Zuerst setzten sie alle Nato-Alliierten über die chinesischen Pläne ins Bild, und mit jedem Tag äußerten sich weitere Vertreter der Administration Biden mit noch deutlicheren Worten. Außenminister Antony Blinken etwa sagte am Donnerstag: "Wir befürchten, dass sie erwägen, Russland direkt zu unterstützen mit militärischem Material für den Krieg in der Ukraine."

Würde China Russland mit Kriegsmaterial helfen, sei das ein Wendepunkt in dem Krieg, schrieb die Financial Times. Die Ukraine wäre plötzlich Schauplatz einer Auseinandersetzung, an der im Hintergrund alle fünf Atommächte im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beteiligt wären. Der Kalte Krieg würde damit eine ganz neue Qualität annehmen. Ob Xi dazu bereit ist, um Wladimir Putin aus der Patsche zu helfen, ist nach Einschätzung Washingtons noch nicht entschieden.

Xi und Putin wollen eine neue Weltordnung

Wohl hat Xi eben erst mit Putin eine längliche Erklärung zur Schaffung einer neuen Weltordnung unterzeichnet. Doch die Bande zwischen den beiden sei weniger stabil, als solche Symbolpolitik vermuten ließe, hofft das Weiße Haus. Xi sei beunruhigt über die Entwicklung des Kriegs in der Ukraine, möglicherweise angelogen von Putin. Erschüttert sei Xi über die schlechte Leistung der russischen Truppen und die logistischen, strategischen und geheimdienstlichen Fehler. Washington geht weiter davon aus, dass Xi überrascht wurde davon, dass seine Geheimdienste die Entwicklung nicht vorhersahen.

Nun versucht Joe Biden, das Kalkül Xis noch zu beeinflussen. Biden signalisiert Xi dabei auch, dass dieser mit einer sehr entschiedenen Reaktion des Westens rechnen müsste, falls er Taiwan überfallen würde. Das jedenfalls verstand Peking so: Chinesische Staatsmedien berichteten, Xi habe Biden davor gewarnt, Taiwan zu unterstützen.

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