Krieg in der Ukraine:"Alles dem Erdboden gleich machen"

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Rauch über Kiew: Am Sonntag wurde die ukrainische Hauptstadt erstmals seit Ende April wieder zum Ziel russischer Raketenangriffe. (Foto: Sergei Supinsky/afp)

Die Kämpfe um die strategisch wichtige Stadt Sjewjerodonezk in der Ostukraine gehen weiter. Nachdem Kiew Teile zurückerobern konnte, machen nun die russischen Truppen wieder Boden gut.

In der Ostukraine hat sich die Situation der ukrainischen Truppen in der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk wieder verschlechtert. "Die Kämpfe verlaufen ziemlich dynamisch", sagte der Militärgouverneur des Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, am Montag im ukrainischen Fernsehen. Nach der Zurückeroberung von etwa der Hälfte der Stadt hätten sich die ukrainischen Einheiten wieder ins Industriegebiet zurückziehen müssen. "Sie haben eine Taktik: einfach alles dem Erdboden gleich machen, damit nichts übrig bleibt, um sich festzusetzen", beschrieb Hajdaj das Vorgehen der russischen Truppen. In Sjewjerodonezk sollen noch etwa 15 000 Zivilisten ausharren. In der Nacht war bekannt geworden, dass Präsident Wolodimir Selenskij im benachbarten Lyssytschansk persönlich Orden an Soldaten verliehen habe.

Zwei aufgezeichnete Videos, die am Sonntag ausgestrahlt wurden, zeigen Selenskij bei Gesprächen mit Soldaten in bunkerähnlichen Gebäuden und bei der Verleihung von Auszeichnungen. "Ihr alle habt den Sieg verdient - das ist das Wichtigste. Aber nicht um jeden Preis", sagt Selenskij in einem der Videos.

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Im Luhansker Gebiet stehen dem ukrainischen Militär zufolge etwa ein Dutzend Ortschaften unter schwerem Beschuss durch Artillerie und Mörser. Der ukrainische Generalstab berichtete zudem über schwere Kämpfe im Donezker Gebiet um Swjatohirsk. Bei der Stadt Bachmut seien Luftangriffe geflogen worden. An der belarussisch-ukrainischen Grenze hat Moskau dem Bericht nach zudem Truppen mit Iskander-Raketen stationiert. Die Iskander-Rakete mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern kann mit atomaren und konventionellen Sprengköpfen bestückt werden.

Die UN gehen von weit mehr als 4000 getöteten Zivilisten aus

Am Sonntag wurde erstmals seit Ende April wieder Kiew zum Ziel russischer Raketenangriffe. Tote gab es nicht. Die UN hat allerdings bisher landesweit mehr als 4100 getötete Zivilisten registriert und geht sogar noch von weitaus höheren zivilen Opferzahlen aus. Am Sonntag hatte das russische Militär in seinem Lagebericht zum Krieg gegen die Ukraine Raketenangriffe auf die ukrainische Hauptstadt Kiew bestätigt. Zerstört worden seien am Rande Kiews von osteuropäischen Ländern gelieferte Panzer vom Typ T-72 und andere Militärtechnik. Sie waren in einem Werk für die Reparatur von Eisenbahnwaggons untergebracht, wie der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, sagte. Zuvor hatten Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko und der ukrainische Generalstab von mehreren Raketenschlägen berichtet. Nach Angaben von Klitschko musste ein Verletzter im Krankenhaus behandelt werden. Nach Darstellung des ukrainischen Generalstabs wurden die Raketen von Bombern über dem Kaspischen Meer abgefeuert.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat am Montag die Blockade seiner Reise nach Serbien durch einige "Nato-Mitglieder" als "ungeheuerlich" kritisiert. Die EU und die Nato versuchten, Serbien in der freien Wahl seiner Partner zu behindern, sagte Lawrow in einer Video-Konferenz mit ausländischen Journalisten in Moskau. "Serbien sollte die freie Wahl haben." Zuvor hatten Bulgarien, Nordmazedonien und Montenegro den Luftraum für das Flugzeug von Lawrow gesperrt, der am Montag zu einem zweitägigen Besuch nach Belgrad aufbrechen wollte.

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