Ukraine-Konflikt:Scholz sieht Zeichen der Hoffnung

Ukraine-Konflikt: Schwierige Annäherung: Beim Treffen mit Bundeskanzler Scholz setzt Russlands Präsident Putin erneut auf räumliche Distanz.

Schwierige Annäherung: Beim Treffen mit Bundeskanzler Scholz setzt Russlands Präsident Putin erneut auf räumliche Distanz.

(Foto: Sputnik/via Reuters)

Nach seinem Gespräch mit Wladimir Putin lobt der Kanzler den Abzug einzelner russischer Truppen aus dem Grenzgebiet zur Ukraine und spricht von "unserer verdammten Pflicht und Aufgabe", einen Krieg in Europa zu verhindern.

Von Jens Schneider

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat nach einem Gespräch mit Präsident Wladimir Putin den Abzug einzelner russischer Truppen aus dem ukrainischen Grenzgebiet als "gutes Zeichen" bewertet. Er hoffe, dass ein weiterer Truppenabzug folge, sagte der Kanzler am Nachmittag in Moskau. Eine Deeskalation der Lage sei "dringend geboten". Es gehe nun darum, intensiv an einer friedlichen Auflösung der Krise zu arbeiten. "Die diplomatischen Möglichkeiten sind bei Weitem nicht ausgeschöpft." Scholz sagte: "Es ist unsere verdammte Pflicht und Aufgabe, als Staats- und Regierungschefs zu verhindern, dass es in Europa zu einer kriegerischen Eskalation kommt." Die Positionen seien unterschiedlich, aber es gebe Ansätze, über die beide Seiten reden wollten. Allen Europäern und der Nato sei klar, dass nachhaltige Sicherheit nicht gegen Russland, sondern nur mit Russland erreicht werden könne.

Von der russischen Seite war der Teilabzug von Truppen aus dem ukrainischen Grenzgebiet angekündigt worden. Die ersten Soldaten sollten noch am Dienstag an ihre ständigen Stützpunkte zurückkehren, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, in Moskau. Offen blieb allerdings, ob und wie es mit diesem Truppenabzug weitergehen wird. Dies entscheide sich nach der Lage an Ort und Stelle, sagte Putin in der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Bundeskanzler. Sein Land habe Sicherheitsgarantien vom Westen gefordert, aber bisher noch keine zufriedenstellende Antwort erhalten. "Wir hoffen sehr darauf, dass unsere Sorgen ernst genommen werden", sagte Putin, der betonte: "Wir wollen keinen Krieg in Europa."

US-Präsident Joe Biden sagte am Dienstag, eine russische Invasion der Ukraine sei nach wie vor möglich; die Ankündigungen eines Truppenabzugs seien bislang nicht unabhängig bestätigt. Zugleich warb Biden erneut für eine diplomatische Lösung. An die "Bürger Russland" gerichtet, sagte der US-Präsident: "Sie sind nicht unser Feind." Man suche keine direkte Konfrontation, so Biden; falls Russland sich aber für den Weg der Gewalt entscheide, würden die USA schnell und entschlossen handeln.

Bundeskanzler Scholz warnte nach dem Treffen mit Putin erneut, dass ein militärisches Vorgehen Russlands gegen die Ukraine weitreichende Konsequenzen haben werde. "Wir jedenfalls wissen, was dann zu tun ist", sagte der Kanzler. "Und mein Eindruck ist, dass das auch alle anderen ganz genau wissen." Scholz nahm auch Stellung zur Frage der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 im Falle eines Konflikts. "Was die Pipeline selber betrifft, wissen alle, was los ist", sagte er. In der vergangenen Woche hatte der US-amerikanische Präsident Joe Biden in Washington im Beisein des Kanzlers angekündigt, dass die Pipeline im Falle einer russischen Invasion nicht in Betrieb gehen werde.

Deutlich kritisierte der Kanzler das russische Vorgehen gegen die Nichtregierungsorganisation "Memorial", die in Russland verboten wurde, und die Verurteilung des Regierungskritikers Alexej Nawalny, die nicht mit rechtsstaatlichen Grundsätzen zu vereinbaren sei. Kritisch äußerte sich Scholz auch zu einer Forderung der Duma, die von prorussischen Separatisten gehaltenen Provinzen Donezk und Luhansk in der Ukraine als unabhängig anzuerkennen. So eine Anerkennung würde gegen das Minsker Abkommen zur Befriedung der Ost-Ukraine verstoßen, sagte der Kanzler. Ihre Umsetzung wäre eine "politische Katastrophe".

Für die Nato begrüßte Generalsekretär Jens Stoltenberg bei einer Pressekonferenz in Brüssel den angekündigten Teilabzug russischer Truppen, forderte aber einen massiven Abzug. "Es gibt Anzeichen aus Moskau, dass die Diplomatie fortgesetzt werden soll", sagte Stoltenberg. "Das gibt uns Anlass zu einem vorsichtigen Optimismus." Die jüngsten Truppenbewegungen seien allerdings keine De-facto-Deeskalation, wenn dabei Kriegsgerät zurückgelassen werde.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat vorsichtig auf die russische Ankündigung eines Teilrückzugs seiner Truppen von den Grenzen zur Ukraine reagiert. "Jeder echte Deeskalationsschritt wäre ein Grund für Hoffnung", sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag bei ihrem Antrittsbesuch in Spanien.

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