Süddeutsche Zeitung

Ukraine-Konflikt:Nato will massiv aufrüsten

  • Nato-Generalsekretär Stoltenberg kündigt eine deutliche Erweiterung der regulären Eingreiftruppe an. Diese soll künftig 30 000 Soldaten umfassen - mehr als doppelt so viele wie bislang.
  • An diesem Donnerstag beschließen die Nato-Verteidigungsminister auch Größe und Zusammensetzung der neuen superschnellen Eingreiftruppe.
  • Die sogenannte Speerspitze soll von 2016 an voll einsatzfähig sein und innerhalb weniger Tage in Konfliktregionen geschickt werden können. Die Bundeswehr übernimmt dabei eine Schlüsselrolle.

Nato-General Stoltenberg will Eingreiftruppe erweitern

Die Nato plant angesichts der weltweit angespannten Sicherheitslage und insbesondere mit Blick auf den Ukraine-Konflikt eine deutliche Verstärkung ihrer Eingreiftruppe für weltweite Einsätze (Nato Response Force, NRF). Die aus Land-, Luft-, See- und Spezialkräften bestehende Truppe solle künftig 30 000 Soldaten umfassen, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zum Auftakt eines Treffen mit den Verteidigungsministern der Bündnisstaaten. Er erwarte von den Ministern einen Beschluss dazu.

"Wir passen unseren Kurs und unsere Kräfte an das Sicherheitsumfeld an", kommentierte Stoltenberg. Er spielte dabei auf Russlands Einmischung in den Ukraine-Konflikt sowie die Gefahren durch Extremismus und Terrorismus an.

Der Kern der Nato-Eingreiftruppe besteht neben Kommandoeinheiten und Unterstützungsreserve momentan aus 13 000 Soldaten. Sie kamen etwa zum Einsatz, um die Olympischen Sommerspiele 2004 in Athen und die Wahlen in Afghanistan zu schützen, sowie nach Katastrophen wie dem Erdbeben in Pakistan und Hurrikan Katrina.

An diesem Donnerstag werden in Brüssel folgende Entscheidungen erwartet:

  • Ein Beschluss der Nato-Verteidigungsminister über die Größe und Zusammensetzung der neuen schnellen Eingreiftruppe, der sogenannten Speerspitze. Experten zufolge solle diese etwa 5000 Soldaten umfassen, führende Einheiten sollen binnen zwei Tagen verlegbar sein.
  • Grünes Licht für kleine Nato-Stabszellen in den drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, sowie in Polen, Rumänien und Bulgarien, um Manöver der neuen schnellen Nato-Eingreiftruppe vorzubereiten.
  • Erweiterung eines Hauptquartiers in Polens, das eine wichtige Rolle bei der Verteidigung des Nato-Gebiets im Nordosten Europas spielen solle.

Deutschland mit Schlüsselrolle

Bei dem Aufbau dieser Speerspitze spielt die Bundeswehr eine Schlüsselrolle: Momentan läuft eine Testphase, an der das Deutsch-Niederländische Korps in Münster in führender Rolle beteiligt ist. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa soll Deutschland der Nato insgesamt etwa 2700 Soldaten für die Testphase zugesagt haben. Das sind neben dem Deutsch-Niederländischen Korps das Panzergrenadierbataillon 371 aus Marienberg in Sachsen und etwa 1000 weitere Kräfte. Sie könnten beispielsweise aus dem Bereich der Luftwaffe oder der Marine kommen.

Die "Speerspitze" soll es der Allianz ermöglichen, bei akutem Bedarf innerhalb weniger Tage mehrere Tausend Soldaten in Konfliktregionen entsenden zu können. Sie soll von 2016 an voll einsatzfähig sein.

Diskussion um Waffenlieferungen

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen nannte die zu erwartenden Entscheidungen ein "Zeichen der Geschlossenheit und der Entschlossenheit" und "wichtig für die innere Stärke der Nato". Zur Diskussion um mögliche Waffenlieferungen von Mitgliedstaaten an die Ukraine sagte die CDU-Politikerin der Nachrichtenagentur AFP zufolge, sie sehe bei der Nato keine mehrheitliche Unterstützung. Äußerungen ihrer Kollegen beim Nato-Verteidigungsministertreffen zeigten, "dass die Eskalationsgefahr ein sehr hohes Risiko ist und dass man durch eine Waffenlieferung diese Gefahr nicht noch weiter steigern sollte", sagte von der Leyen.

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