Ukraine-Konflikt:Kiew und Separatisten einigen sich auf Pufferzone

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Pressekonferenz in Minsk: die Separatistenführer Alexander Sachartschenko und Igor Plotnitski, der russische Botschafter in der Ukraine Michail Surabow, der ukrainische Ex-Präsident Leonid Kutschma und Heidi Tagliavini von der OSZE (von links nach rechts) (Foto: dpa)

Fast sieben Stunden dauerte das Treffen in Minsk. Dann einigten sich die Konfliktparteien auf ein Neun-Punkte-Programm, das die Lage in der Ostukraine entspannen soll.

  • Die Ukraine-Kontaktgruppe hat sich bei einem Treffen in Minsk auf einen Neun-Punkte-Plan geeinigt, um die Konfliktregion im Osten des Landes zu befrieden. Zentraler Punkt ist, eine demilitarisierte Pufferzone zu schaffen.
  • In der Ukraine-Kontaktgruppe kommen Vertreter der Ukraine, Russlands, der OSZE und der prorussischen Separatisten zusammen.
  • Über eine mögliche Abspaltung der Donbass-Region wurde nicht verhandelt.
  • Ein dritter russischer Hilfskonvoi ist nach russischen Angaben in Donezk angekommen.

Einigung auf Neun-Punkte-Programm in Minsk

Bei den fast siebenstündigen Gesprächen zum Ukraine-Konflikt in Minsk haben sich die Konfliktparteien auf die Schaffung einer demilitarisierten Pufferzone geeinigt. "Wir haben ein Memorandum unterzeichnet", sagte der ukrainische Ex-Präsident Leonid Kutschma, der Kiew bei den Verhandlungen vertrat, am frühen Samstagmorgen in der weißrussischen Hauptstadt.

Zentraler Punkt des Neun-Punkte-Programms ist der Rückzug beider Konfliktparteien auf 15 Kilometer von einer "Kontaktlinie" entfernt. Damit werde eine demilitarisierte Zone von 30 Kilometern Breite geschaffen, sagte Kutschma. Die Zone soll demnach unter Aufsicht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stehen.

Weiter hätten die Konfliktparteien vereinbart, in besiedelten Gebieten keine schweren Waffen einzusetzen, und die Sicherheitszone nicht mit Flugzeugen oder Drohnen zu überfliegen. Auch werde verboten, bewaffnete Gruppen und militärische Ausrüstung in die Zone zu schicken, sagte Kutschma.

Der russische Botschafter in Kiew, Michail Surabow, sprach von einer Deeskalation in dem Konflikt. Der Separatistenführer Igor Plotnitski sagte, Ziel sei die Schaffung einer "Zone vollständiger Sicherheit". Er stellte klar, dass bei den Gesprächen nicht über den Status der abtrünnigen Regionen Donezk und Lugansk diskutiert worden sei.

Was die Ukraine-Kontaktgruppe bisher vereinbart hat

An den siebenstündigen Verhandlungen nahmen Vertreter Kiews, Moskaus, der Separatisten und der OSZE teil. Diese sogenannte Ukraine-Kontaktgruppe hatte sich bereits mehrfach in Minsk getroffen, um einen Ausweg aus dem blutigen Konflikt im Osten der Ukraine zu finden.

Bei dem letzten Treffen am 5. September war eine vage formulierte Waffenruhe vereinbart worden, die trotz vereinzelter Gefechte weitgehend hielt. Zudem wurde damals vereinbart, den Regionen im Osten der Ukraine mehr Autonomie zu gewähren. Das Parlament in Kiew verabschiedete daraufhin am Dienstag ein Gesetz, das Donezk und Lugansk einen Sonderstatus gewährt und Kommunalwahlen vorsieht. Zudem wurde ein Amnestiegesetz für Kämpfer beider Seiten beschlossen.

Während das Autonomiegesetz von Moskau als "Schritt in die richtige Richtung" begrüßt wurde, wiesen die Separatisten es zurück und beharrten darauf, dass sie eine komplette Loslösung von Kiew anstrebten. Bei den ukrainischen Nationalisten stieß das Gesetz auf heftige Kritik. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hofft jedoch, mit den Zugeständnissen an Russland einen politischen Ausweg aus dem blutigen Konflikt zu finden, der seit April bereits mehr als 2600 Menschen das Leben gekostet hat.

Sonderstatus für den Donbass
:Kiews Kotau vor Moskau

Das ukrainische Parlament räumt der Donbass-Region im Osten weitgehende Sonderrechte ein. Damit haben sich Wladimir Putin und die Separatisten durchgesetzt. Viele Demonstranten vom Maidan müssen sich jetzt verraten fühlen.

Kommentar von Cathrin Kahlweit

Dritter russischer Hilfskonvoi erreicht Donezk

In der ostukrainischen Rebellenhochburg Donezk ist nach Angaben aus Moskau ein dritter russischer Hilfskonvoi eingetroffen. Die Hilfslieferungen seien "angekommen" und würden entladen, sagte ein Sprecher des russischen Katastrophenschutzministeriums. Die Lastwagen enthalten nach russischen Angaben Nahrungsmittel, Trinkwasser, Generatoren, medizinische Hilfsmittel und Trinkwasser. Insgesamt sind 2000 Tonnen auf 200 Lastwägen verteilt.

Russland hatte erstmals Ende August ohne Zustimmung der ukrainischen Regierung einen Hilfskonvoi in die von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete im Osten der Ukraine geschickt, ein zweiter folgte Mitte September. Die Ukraine und der Westen verurteilten damals das eigenmächtige Vorgehen Russlands.

Kampf um die Ostukraine

Die ukrainischen Regierungstruppen hatten im Juli und August in wochenlangen Kämpfen weite Gebiete von den Separatisten zurückerobert, doch dann wendete sich das Blatt, und sie mussten mehrere Städte wieder aufgeben. Kiew warf daraufhin Russland vor, angesichts der drohenden Niederlage der Separatisten mit eigenen Truppen direkt in den Konflikt eingegriffen zu haben. Moskau wies dies zurück, doch berichteten auch zahlreiche Journalisten über russische Militärkonvois im Osten der Ukraine.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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