Ukraine-Konflikt:Kiew streicht Separatisten-Gebieten alle staatlichen Leistungen

  • Die ukrainische Regierung stellt die staatlichen Leistungen in den von Rebellen kontrollierten Gebieten im Osten des Landes ein.
  • Das Dekret von Präsident Poroschenko soll sich auch auf Schulen und Krankenhäuser beziehen.
  • Niederländische Experten können von diesem Samstag an nach weiteren Wrackteilen des Unglücksflugs MH17 suchen.
  • Russland zeigt angebliche Satellitenaufnahmen von einem Kampfjet, der zum Zeitpunkt des Absturzes in der Nähe der Boeing-777 geflogen sein und eine Rakete abgefeuert haben soll.

Ukraine stoppt staatliche Leistungen in Separatistengebieten

Die ukrainische Regierung stellt sämtliche staatlichen Leistungen in den Rebellengebieten im Osten des Landes ein. Präsident Petro Poroschenko verfügte per Dekret, dass binnen einer Woche alle "Aktivitäten öffentlicher Unternehmen, Institutionen und Organisationen" in den Gebieten gestoppt werden, in denen "Anti-Terror-Operationen laufen". Betroffen sind auch Schulen, Krankenhäuser und Rettungsdienste, wie ein ranghoher Sicherheitsbeamter sagte.

Der Staat werde sich aus allen Institutionen zurückziehen, die er bislang noch in den von den prorussischen Separatisten ausgerufenen "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk finanziere. Das so eingesparte Geld werde Kiew aber nicht einbehalten, sondern es werde als humanitäre Hilfe in die Gebiete zurückfließen, sagte der Beamte. Er sprach von einer "entscheidenden Maßnahme", es sei "vorbei mit den kleinen Spielereien".

Das Dekret von Präsident Poroschenko sei eine weitere Reaktion auf die von den Rebellen in Eigenregie abgehaltenen sogenannten Präsidenten- und Parlamentswahlen am 2. November. Zwei Tage nach den von Kiew und vom Westen verurteilten, von Russland hingegen anerkannten Wahlen hatte Poroschenko bereits angekündigt, die abtrünnigen Gebiete militärisch und wirtschaftlich zu "isolieren".

Einigung mit Separatisten über Bergung weiterer MH17-Wrackteile

Experten aus den Niederlanden können von diesem Samstag an in den von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebieten der Ostukraine nach weiteren Wrackteilen des Unglücksflugs MH17 suchen. Eine entsprechende Einigung sei unter Vermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) getroffen worden, berichtete die niederländische Zeitung Volkskrant in der Nacht zum Samstag unter Berufung auf das Justizministerium in Den Haag. Die in Charkow wartenden Experten würden "hoffentlich so bald wie möglich die Zusammenarbeit mit den örtlichen Rettungsdiensten beginnen", wird aus der Mitteilung des Ministeriums zitiert.

Bei dem Absturz der Boeing der Malaysia Airlines auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur waren am 17. Juli alle 298 Menschen an Bord ums Leben gekommen. Die meisten Opfer stammten aus den Niederlanden. Die Maschine war vermutlich von einer Rakete getroffen worden. Prorussische Separatisten und die ukrainische Regierung werfen sich gegenseitig vor, für den Absturz der Maschine verantwortlich zu sein.

Da sich viele Wrackteile in dem von Rebellen kontrollierten Teil der Ostukraine liegen, war die Bergung bisher äußerst schwierig. Erst in diesem Monat hatten die Experten weitere Leichenteile und Wrackstücke im Absturzgebiet geborgen.

Russland präsentiert angebliche Satellitenbilder

Ist die malaysische Passagiermaschine MH17 möglicherweise doch von einem Flugzeug abgeschossen worden? Das russische Staatsfernsehen zeigte zumindest pünktlich zum G20-Gipfel in Brisbane angebliche Satellitenaufnahmen von einem Kampfjet des Typs MiG-29, der in der Nähe der Boeing-777 am 17. Juli geflogen sei und eine Rakete abgefeuert habe.

Das Foto stamme vermutlich von einem britischen oder US-Spionagesatelliten, sagte der erste Vize-Präsident der Russischen Vereinigung der Ingenieure, Iwan Andrijewski, in dem Bericht. Experten behaupteten in der Sendung zwar, dass die Aufnahme echt sei, Beweise gab es allerdings nicht. Die Ermittler der Untersuchungskommission in den Niederlanden hatten bisher keinerlei Hinweise auf ein anderes Flugzeug. Der Hauptverdacht richtet sich gegen die prorussischen Separatisten, die mit einer Rakete vom Boden aus die Maschine abgeschossen haben könnten. Das kremlnahe Fernsehen bezeichnete den Bericht über den Abschuss aus der Luft als "Sensation" zum G20-Gipfel.

Im Netz regte sich unmittelbar nach der Veröffentlichung des Bildes Kritik, wie die britische BBC berichtet. Kommentatoren halten das Foto für eine Fälschung, weil sich etwa das Logo von Malaysia Airlines auf der falschen Seite des Flugzeugs befinde. Andere behaupten, dass das Satellitenbild ursprünglich von Google Earth stamme - und zwar aufgenommen am 28. August 2012. Zudem soll es am 15. Oktober diesen Jahres schon einmal publiziert worden sein.

Kämpfe in der Ostukraine halten an

Bei Kämpfen in der Ostukraine sind nach Behördenangaben fünf Zivilisten, darunter zwei Kinder, und drei Soldaten getötet worden. Zwölf weitere Menschen seien verletzt worden, als ein Artilleriegeschoss eine Wohngegend in Gorliwka traf, teilte der Stadtrat von Gorliwka nördlich der Rebellenhochburg Donezk mit. Unklar war, wer für den Beschuss verantwortlich war.

Kurz zuvor hatten die ukrainischen Behörden den Tod dreier weiterer Soldaten bei Kämpfen mit den prorussischen Rebellen gemeldet. Damit stieg die Zahl der getöteten Soldaten den Angaben zufolge binnen 24 Stunden auf sieben. Zehn weitere Soldaten wurden demnach verletzt. Auch der heftig umkämpfte Flughafen von Donezk war am Samstag erneut Ziel von Beschuss.

Seit den Wahlen in den von den Separatisten kontrollierten Gebieten in der Ostukraine Anfang November hatten die Kämpfe in der Region wieder deutlich zugenommen, obwohl offiziell seit Anfang September eine Waffenruhe gilt. Der Konflikt in der Ukraine ist auch Thema beim G-20-Gipfel im australischen Brisbane. Russlands Präsident Putin war wegen seines Umgangs mit dem Konflikt bereits vor Beginn des Gipfels heftige Kritik entgegengeschlagen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: