Ukraine:Goodbye, Lenin!

Ukraine: Good Bye, Lenin - hier in Saporischschja: eine abgebrochene Statue des Revolutionärs beim Abtransport im März 2016

Good Bye, Lenin - hier in Saporischschja: eine abgebrochene Statue des Revolutionärs beim Abtransport im März 2016

(Foto: AFP)
  • In der Ukraine sind im ablaufenden Jahr 1320 Denkmäler des sowjetischen Staatsgründers Lenin abgerissen worden.
  • 51 500 Straßen wurden umbenannt, damit sie nicht mehr an die kommunistische Vergangenheit erinnern.
  • Hintergrund ist der Kiews Territorialkonflikt mit Moskau, der nach der russischen Annektion der Krim auch im Osten der Ukraine weiterschwelt.

Einerseits hat sich im vergangenen Jahr die Lage in der Ukraine stabilisiert. Moskau hat die Krim annektiert, daran änderte sich nichts, und der blutige Konflikt mit russischen Separatisten im Osten schwelt auf geringem Niveau weiter. Innenpolitisch aber passierte 2016 ziemlich viel, das mit dem großen Nachbarn zu tun hat: Kiew versucht, möglichst viel und umfassend loszuwerden, das an die UdSSR erinnert oder mit Russland zu tun hat.

In der Ex-Sowjetrepublik wurden im ablaufenden Jahr 1320 Denkmäler des Revolutionärs Wladimir Iljitsch Uljanow (1870-1924) abgerissen, der vor allem unter seinem Kampfnamen Lenin bekannt ist. Schon in den vergangenen Jahren waren Statuen des sowjetischen Staatsgründers gestürzt und beschädigt worden. Auf der Krim modelte vor der russischen Besetzung ein Künstler den Kopf Lenins kurzerhand zum behelmten Star-Wars-Schurken Darth Vader um.

Nicht nur Lenin war 2016 vom ukrainischen Antikommunismus betroffen. 51 500 Straßen hätten neue Namen bekommen, die nicht mehr an die sowjetische Vergangenheit erinnern, teilte das staatliche Institut für nationales Gedenken nun in Kiew mit. In einem Fall wurde dadurch ein Beatle geehrt. In Kalyny, einem Dorf im Westen der Ukraine, wurde aus der Lenin-Straße eine Lennon-Straße.

Parlament und Regierung setzen darauf, strikt sowjetische und russische Relikte in der Ukraine zu tilgen. Viele Einzelfälle sind aber umstritten, so die Umbenennung der Millionenstadt Dnipropetrowsk in Dnipro.

In Kiew wurde die wichtige Straße Moskauer Prospekt in Bandera-Prospekt umbenannt. Der nationalistische Politiker Stepan Bandera (1909-1959) gilt in der Westukraine vielen als Nationalheld, weil er am Ende des Zweiten Weltkriegs Widerstand gegen die Sowjetunion leistete - bei anderen Ukrainern ist er dafür als Nazi-Kollaborateur verfemt. Fest steht: Banderas Gefolgsleute waren an Judenverfolgungen beteiligt.

Schon vor einigen Wochen hatte das ukrainische Parlament die Einfuhr von Büchern aus Russland eingeschränkt. Der Zensur unterliegen demnach Werke, die beispielsweise die Grenzen des Landes infrage stellen oder Krieg und Hass zwischen Nationen und Religionen schüren. Eine Importgenehmigung gebe es erst nach einer Prüfung der Inhalte durch die Behörden, berichteten örtliche Medien. Reisende dürfen aber weiter bis zu zehn Bücher russischer Herkunft einführen.

Ukrainisch-Quote im Radio

Vizeregierungschef Wjatscheslaw Kirilenko sagte Anfang Dezember, die Maßnahme werde aufgehoben, wenn sich die Beziehungen zum Nachbarn wieder verbessern. Seit der völkerrechtswidrigen russischen Annexion der Halbinsel Krim im März 2014 und dem Krieg gegen prorussische Separatisten im Donbass sind die Beziehungen zwischen Moskau und Kiew auf einem Tiefpunkt angelangt.

Zuvor hatte Kiew bereits mehr als 500 russische Filme und Serien verboten. Zudem gilt eine Ukrainisch-Quote im Radio. Eine Quote für das Fernsehen wird diskutiert.

Von diesen Maßnahmen sind viele ukrainische Bürger direkt betroffen. Bei einer Volkszählung 2001 hatten etwa 30 Prozent der Ukrainer Russisch als Muttersprache angegeben.

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