Ukraine:Biden will Russland von Angriff abhalten

FILE PHOTO: U.S.-Russia summit in Geneva

Russlands Präsident Putin sieht die von ihm heraufbeschworene Krise offenbar als Test.

(Foto: REUTERS)

Mehr als 100 000 Soldaten hat Präsident Putin an der ukrainischen Grenze zusammengezogen. US-Präsident Biden droht für den Fall eines Angriffs mit ernsten Konsequenzen.

Von Florian Hassel, Belgrad

Mitten in einem offenbar fortschreitenden russischen Aufmarsch an der Grenze zur Ukraine werden US-Präsident Joe Biden und Russlands Präsident Wladimir Putin in einer Videoschalte am Dienstag über diesen und andere Konfliktpunkte sprechen. "Meine Erwartung ist, dass wir eine sehr lange Diskussion mit Putin haben werden", sagte Biden zuvor US-Medien. Er erwarte keine einfache Lösung der Krise.

Ukrainischen und US-Offiziellen zufolge hat Moskau an der Grenze zur Ukraine sowohl in Russland als auch in Belarus und auf der von Russland besetzten Krim bis zu 115 000 Soldaten zusammengezogen. Die Washington Post und die New York Times berichteten am Wochenende über eine neue Analyse der US-Militäraufklärung: Demnach plane Moskau, bis Anfang 2022 rund 175 000 Soldaten für eine mögliche Offensive an der Grenze zusammenzuziehen.

Die USA kündigte für den Fall eines russischen Angriffs auf die Ukraine "hoch wirksame Wirtschaftsmaßnahmen an, von denen wir bisher abgesehen haben", sagte US-Außenminister Anthony Blinken in der vergangenen Woche. Washington verhandelt zudem mit europäischen Verbündeten über Sanktionen gegen Russland für den Fall eines Angriffs.

Manfred Weber, Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, forderte Berlin auf, Putin klarzumachen, dass im Falle eines Angriffs die russische Erdgaspipeline Nord Stream 2 nach Deutschland nicht in Betrieb gehen werde. "Diesen Preis muss die künftige Bundesregierung klar benennen." Die Krise sei "ein Test für die Nato und die westliche Wertegemeinschaft", sagte Weber der Bild am Sonntag.

Biden: "Ich akzeptiere von niemandem rote Linien"

Auch Präsident Putin sieht die von ihm heraufbeschworene Krise offenbar als Test. Der Kreml kontrolliert seit 2014 die besetzte Krim und die Marionettenregime der "Volksrepubliken" Donezk (DNR) und Lugansk (LNR) in der Ostukraine. Der ukrainischen Militäraufklärung zufolge sind mehr als 2000 russische Soldaten und Ratgeber ständig in DNR und LNR stationiert. Allerdings modernisiert sich das ukrainische Militär und setzte zuletzt sowohl amerikanische Javelin-Panzerabwehrraketen wie türkische Bayraktar-Drohnen erfolgreich gegen DNR-Einheiten ein.

Ukrainische Experten wie Ex-Vize-Verteidigungsminister Igor Kabanenko bewerten den russischen Aufmarsch bisher als unzureichend für eine weitreichende Offensive. Die ukrainische Armee zählt heute offiziell 235 000 Soldaten, dazu kommen 400 000 Reservisten und Freiwilligenverbände. "Russland will mit der Drohung eines Angriffs den Westen zu Verhandlungen zum Nachgeben in der Ukraine bringen", sagte Ex-Verteidigungsminister Andrej Sagorodnjuk dem Magazin Nowoje Vremja.

Putin will sowohl eine weitere Modernisierung des ukrainischen Militärs als auch eine Nato-Mitgliedschaft verhindern: Am Mittwoch vergangener Woche forderte er einen Lieferstopp von US-Militärgeräten an die Ukraine und eine Garantie, dass die Ukraine niemals in die Nato aufgenommen werde. Moskau stellt dies als "rote Line" dar. "Ich akzeptiere von niemandem rote Linien", erklärte dazu US-Präsident Biden vor der kommenden Videoschalte mit dem Kreml-Herrn.

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