Ukip in Großbritannien:Erfolg im Labour-Land

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Ukip-Chef Nigel Farage feiert seinen Erfolg bei den britischen Kommunalwahlen in einem Pub in Benfleet (östlich von London). (Foto: Getty Images)

25 Prozent bei den britischen Kommunalwahlen - bei der Europawahl könnten es noch mehr werden. Die rechtspopulistische Ukip lässt die konservativen Tories um ihre Stammwähler fürchten. Doch auch die Labour-Partei wird nervös, denn die EU-Gegner feiern sogar in Nordengland Erfolge.

Von Christian Zaschke, London

In den Augen von Nigel Farage war die Nacht von Donnerstag auf Freitag die Nacht der großen politischen Wende. Fortan, verkündete der Chef der europaskeptischen UK Independence Party (Ukip), werde in der britischen Politik nichts mehr so sein, wie es war. "Der Fuchs Ukip ist im Hühnerstall von Westminster angekommen", sagte Farage am Freitag mit triumphierendem Grinsen.

Das Bild ist nicht ganz korrekt, denn die Ukip stellt weiterhin keinen einzigen Abgeordneten im Parlament von Westminster. Sie hat jedoch bei den britischen Kommunalwahlen, die am Donnerstag parallel zur Europawahl stattfanden, große Gewinne verzeichnet. Während die Ergebnisse der Europawahl erst am Sonntagabend verkündet werden, wurden die Stimmen in den Kommunen ab Donnerstagnacht und den ganzen Freitag über ausgezählt.

In Umfragen zur Europawahl erreicht Ukip 30 Prozent

Die Ukip kommt laut Teilergebnissen auf 17 Prozent. Zwar hat sie in keinem Stadt- oder Gemeinderat eine Mehrheit errungen, doch hat die Partei sich mit diesem Ergebnis in den Worten von Farage als "ernsthafter Herausforderer" etabliert. Es wird erwartet, dass die Ukip bei den Europawahlen noch mehr Stimmen erhalten hat. In Umfragen kam sie auf rund 30 Prozent.

Auch bei den Europawahlen vor fünf Jahren war die Ukip erfolgreich, erhielt jedoch bei den ein Jahr später folgenden Parlamentswahlen nur einen Bruchteil der zuvor erreichten Stimmen. Das liegt daran, dass Europawahlen in Großbritannien nicht sonderlich ernst genommen werden. Von denen, die überhaupt zur Wahl gehen - die Wahlbeteiligung lag bei rund 35 Prozent - nutzen viele die Gelegenheit, den etablierten Parteien einen Denkzettel zu verpassen. Dass die Ukip nun aber bei den Kommunalwahlen erfolgreich war, könnte tatsächlich eine Neuordnung der politischen Landschaft bedeuten.

Zu den Zielen der Partei gehört der Austritt Großbritanniens aus der EU. Zudem setzt sie sich für eine schärfere Immigrationskontrolle ein. Mit diesen Forderungen hat sie viele Wähler aus dem konservativen Lager angelockt. Analysen zeigen, dass auch viele Menschen, die sonst nicht wählen gehen, nun für die Ukip gestimmt haben. Etwas überraschend hat die Partei auch im Norden Englands gut abgeschnitten und Wähler der Labour-Partei anlocken können. Das bedeutet, dass sich das gesamte politische Establishment spätestens jetzt mit dem Phänomen Ukip ernsthaft auseinandersetzen muss.

Peinliche Wahlkampfauftritte von Ed Miliband

Besonders die Tories werden spürbar nervös. Sie befürchten, dass sie Teile ihrer besonders konservativen Stammwählerschaft verlieren, und dass das wiederum dazu führen könnte, dass in umkämpften Wahlkreisen bei den Parlamentswahlen 2015 die entscheidenden Stimmen fehlen werden. Es gilt das Mehrheitswahlrecht, von einer Aufteilung der konservativen Wähler in zwei Gruppen könnte Labour stark profitieren. Bisher hat die Partei daher den Aufstieg der Europaskeptiker mit leisem Vergnügen betrachtet. Nun, da die Ukip auch in Labours Stammland im Norden Erfolge feiert, kann von Vergnügen keine Rede mehr sein. Ein Abgeordneter warf Parteichef Ed Miliband vor, er habe einen "unverzeihlich unprofessionellen" Wahlkampf geführt. Der Labour-Vorsitzende hatte zuletzt einige peinliche Auftritte, er kannte zum Beispiel den Chef eines Ortsverbandes nicht, in dem er gerade auftrat.

Konservative Hinterbänkler fordern, dass die Tories einen Pakt mit Farage schließen, damit nicht am Ende Labour als lachender Dritter dastehe. Tory-Generalsekretär Grant Shapps sagte zwar am Freitag, die Frage nach einem Pakt stelle sich derzeit nicht, doch die Rufe aus der Partei werden lauter. Das Thema wird die Tories bis zur Wahl 2015 begleiten.

Ukip-Chef Nigel Farage sagte am Freitag bestens gelaunt, er glaube nicht, dass seine Wähler ein Abkommen mit den Konservativen wünschten. Allerdings hat er bei anderer Gelegenheit auch schon mal gesagt, dass er zur Not einen Pakt mit dem Teufel schließen würde, um den Austritt Großbritanniens aus der EU zu bewerkstelligen.

© SZ vom 24.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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