Überraschung in Brüssel:Martin Selmayr wird Generalsekretär der EU-Kommission

Martin Selmayr Jean-Claude Juncker EU Kommission

Martin Selmayr (links) war 2014 der Wahlkampfmanager Junckers.

(Foto: dpa)
  • Martin Selmayr wird der neue Generalsekretär der EU-Kommission.
  • Der Deutsche war zuvor Kabinettschef von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
  • Er ist in Zukunft der höchste Beamte unterhalb der politischen Ebene.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Er galt schon bisher als der mächtigste Deutsche in Brüssel: Martin Selmayr, 47 Jahre alt und Kabinettschef und unverzichtbare rechte Hand von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Eine französische Zeitung verglich den Juristen kürzlich gar mit Frank Underwood, dem erbarmungslosen Strippenzieher aus der US-Serie House of Cards. Nun gelingt Selmayr der nächsten Schritt. Kommissionschef Juncker befördert seinen Vertrauten überraschend zum Generalsekretär der EU-Kommission und damit zum höchsten Beamten unterhalb der politischen Ebene.

Vor allem aber: Generalsekretäre überdauern für gewöhnlich die auf fünf Jahre gewählten Kommissionen. Selmayr wird der nur siebte Generalsekretär seit Bestehen der Behörde - und der erste Deutsche überhaupt auf diesem Posten.

Mit dieser Entscheidung und einer Reihe weiterer vom Kollegium am Mittwoch abgesegneter Personalentscheidungen regelt Juncker gewissermaßen sein Erbe. Er wolle die Weichen stellen, um in den verbleibenden 20 Monaten bis zum Ende der Amtszeit dieser Kommission Ergebnisse zu liefern, sagt er dazu. Dafür brauche er "das beste Team". Ebenso wie seine neue Kabinettschefin Clara Martinz Alberola genieße Selmayr sein "volles Vertrauen". Was fast noch als Untertreibung bezeichnet werden darf. Seit Amtsantritt Junckers gilt Selmayr als zentrale Figur, an der vorbei so gut wie nichts im Berlaymont-Gebäude, dem Sitz der Kommission, entschieden werden kann.

Unumstritten wird die Entscheidung ganz sicher nicht sein: Gesprächspartner erleben Selmayr als charmant und stets bestens vorbereitet. Schon für seine frühere Arbeitgeberin, die einstige Luxemburger Kommissarin Vivian Reding, hatte er sich unverzichtbar gemacht. Mit Scharfsinn, scharfer Zunge und Machtbewusstsein hat Selmayr aber auch beständig die Zahl seiner Feinde vergrößert. Auf den Gängen des Berlaymont ist er gefürchtet. Die frühere Haushaltskommissarin Kristalina Georgiewa beschwerte sich einst, dass Selmayr die Arbeitsatmosphäre "vergiftet" - und wechselte zur Weltbank. Großbritanniens Premierministerin Theresa May verdächtigte Selmayr einmal, Vertrauliches aus einem Abendessen mit Juncker ausgeplaudert zu haben. Doch auch beim nächsten Treffen saß Selmayr wieder mit am Tisch.

Der neue Posten stattet den Deutschen nun auch formal mit großer Macht aus. Das Generalsekretariat untersteht direkt dem Kommissionspräsidenten. Es steuert und koordiniert die Arbeit der Behörde mit ihren 35000 Beamten. Verteidigt wird die Personalie auch vom für Personal zuständigen EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger: "Wir setzen die besten Personen auf die richtigen Positionen." In Brüssel freilich erinnern sich nun viel auch an einen alten Witz: "Frage: Was ist der Unterschied zwischen Selmayr und Gott? Antwort: Gott denkt nicht, Selmayr zu sein."

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