Süddeutsche Zeitung

Übergriffe in Köln:Kipping: In der Debatte um Köln zeigt sich "pogromartiger Rassismus"

Lesezeit: 2 min

Von Gianna Niewel

Schröder: "Die Angriffe haben unser Land als Ganzes getroffen"

Am Mittwoch hat sich der Bundestag mit den politischen Konsequenzen der Übergriffe in der Silvesternacht in Köln befasst. Zuletzt hatten sich auch in anderen Städten mutmaßliche Opfer bei der Polizei gemeldet. Rechtsextreme im ganzen Land nutzten die Angriffe, um gegen Ausländer zu hetzen.

"Die Angriffe haben unser Land als Ganzes getroffen", sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Ole Schröder (CDU). Nun müsse "alles dafür getan werden, dass sich so etwas in unserem Land nicht wiederholt." Konkret bedeute das härtere Gesetze. Die Ereignisse in der Silvesternacht zeigten, wie schwer es sei, junge Männer mit arabischem Hintergrund zu integrieren. Die Integrationskraft einer jeden Gesellschaft sei endlich, so Schröder.

Ein "übler, männerbündischer Exzess"

Die Parteivorsitzende der Linken, Katja Kipping, nannte die Ereignisse in Köln einen "üblen, männerbündischen Exzess". Sie forderte, gesetzliche Schutzlücken zu schließen, bisher würde nur jede zehnte Vergewaltigung verurteilt. Frauenschutzhäuser müssten besser finanziert werden. Sie warf Polizei und Justiz vor, für den Umgang mit sexuellen Straftaten zu wenig sensibilisiert zu sein.

In der Debatte um Köln, sagte Kipping, zeige sich auch ein "pogromartiger Rassismus". Die Debatte über sexuelle Gewalt gegen Frauen dürfe nun nicht instrumentalisiert werden, um Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen. Sexismus sei eben "keine Importware aus dem Ausland", sondern ein fester Bestandteil auch unserer Gesellschaft. Wer dies dennoch suggeriere, mache sich zum "Helfershelfer" von AfD und Pegida.

Justizminister Heiko Maas (SPD) forderte, dass sich "niemand über Recht und Gesetz stellen darf" - unabhängig davon, welchen Pass er habe. Bereits am Dienstag hatte sich Maas gemeinsam mit Innenminister Thomas de Maizière (CDU) in einem Gesetzesentwurf darauf geeinigt, das Ausländerrecht weiter zu verschärfen. Das Recht sei nur dann etwas wert, wenn es auch durchgesetzt werde, so Maas.

Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt sprach die Herkunft der Täter an. Nach ersten Ermittlungsergebnissen seien diese überwiegend Nordafrikaner gewesen. Die Asylverfahren mancher Marokkaner würden zwei Jahre dauern. In dieser Zeit dürften sie keine Integrationskurse besuchen und nicht arbeiten. Das festzustellen, sei "keine Relativierung" der Ereignisse in Köln. "Auch das gehört zur Wahrheit dazu."

Der Bundestag hält Schweigeminute für die Opfer in Istanbul

Zuvor hatte der Bundestag auch der Opfer des Anschlags in Istanbul gedacht. Die Abgeordneten, darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, erhoben sich zu Beginn der Plenumssitzung von ihren Plätzen.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sprach den Angehörigen der Opfer das Mitgefühl des Parlaments aus und sicherte den Betroffenen Unterstützung zu. Lammert verurteilte den "brutalen Selbstmordanschlag eines fanatischen Attentäters", bei dem am Vortag nach neuesten Angaben zehn Deutsche getötet worden waren.

Lammert rief zugleich dazu auf, sich von solchen Anschlägen nicht verunsichern zu lassen. Die Attentäter wollten "Angst in die Metropolen" tragen. "Ihr werden wir uns nicht ausliefern, von wem auch immer diese Gefahr und Absicht ausgeht", fügte er hinzu.

Der Anschlag war am Dienstag im historischen Zentrum Istanbuls verübt worden. Nach Angaben der Bundesregierung handelte es sich nicht um einen gezielten Angriff auf Deutsche. Ankara macht die Dschihadistenmiliz IS für den Anschlag verantwortlich.

Mit Material der Nachrichtenagentur AFP.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2815978
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.