Übergriffe auf Asylbewerber in NRW:Jäger gerät ins Schlingern

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NRW-Innenminister Jäger am Donnerstag im Landtag. In einer aktuellen Stunde wurde über die Misshandlungsvorwürfen in Flüchtlingsunterkünften gesprochen. (Foto: dpa)

Hätte die Misshandlung von Flüchtlingen in NRW verhindert werden können? Innenminister Jäger soll Warnungen eines Bürgermeisters ignoriert haben. Der will nun falsch zitiert worden sein. Die Opposition vermutet, auf ihn sei Druck ausgeübt worden.

Von Bernd Dörries, Düsseldorf

Als Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) noch in der Opposition saß, da hat er viele Rücktritte gefordert - was ihm den Spitznamen "Jäger 90" einbrachte. Nun ist Jäger erstmals selbst mit Rücktrittsforderungen konfrontiert: "Wenn Sie noch einen Funken Ehre im Leib haben, dann stellen Sie ihr Amt zur Verfügung", sagte FDP-Fraktionschef Christian Lindner am Donnerstag bei einer Aktuellen Stunde im Düsseldorfer Landtag, die sich mit den Missbrauchsfällen im in der Flüchtlingsunterkunft Burbach beschäftigte.

CDU-Fraktionschef Armin Laschet sagte, es sei zwar nicht sein Stil, immer gleich einen Minister-Rücktritt zu fordern, Jäger trage aber die Verantwortung dafür, dass es bei der Flüchtlingsbetreuung in Nordrhein-Westfalen zu Misshandlungen und Menschenrechtsverletzungen gekommen sei. Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit gegen elf Verdächtige, die Flüchtlinge in Essen, Bad Berleburg und Burbach misshandelt haben sollen.

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Eine heikle Frage für das Innenministerium

Oppositionschef Laschet warf Jäger vor, frühzeitige Warnungen vor einer Eskalation der Situation ignoriert zu haben. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Besuch des Burbacher Bürgermeister Christoph Ewers (CDU) am 5. August 2014 im Düsseldorfer Innenministerium. Thema des Treffens war die angespannte Lage im Flüchtlingsheim, das zu der Zeit nach Angaben von Ewers mit 700 Menschen völlig überbelegt war - konzipiert sei es für 400 Menschen gewesen. Der Bürgermeister berichtete Staatssekretär Bernhard Nebe darüber, dass er in der Vielzahl der Flüchtlinge ein Konfliktpotenzial sehe und er den Eindruck habe, "dass die dort beschäftigten Sicherheitsfirmen unseriös sind".

Eine heikle Frage für das Innenministerium. Hätte man die Misshandlungen also verhindern können? Nachdem die Süddeutsche Zeitung am Mittwoch über die Warnungen des Bürgermeisters berichtete, dementiert das Düsseldorfer Innenministerium auf allen Kanälen. Fragen zu Kompetenz und "Zweifel an der Seriosität" des Sicherheitsdienstes seien kein Thema des Treffens gewesen, sagte eine Sprecherin.

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Einer trug ein "Hass"-Tattoo, ein anderer "Ruhm und Ehre": Es war offensichtlich, welche Wachleute sich im Burbacher Flüchtlingsheim herumtrieben. Bereits im Sommer will der Bürgermeister auf die Missstände hingewiesen haben.

Von Bernd Dörries

Am Anfang noch sehr auskunftsfreudig

Zwei Tage lang klingelte bei Ewers nun das Telefon. Am Anfang war er noch sehr auskunftsfreudig. In der Donnerstagsausgabe erzählte er der Neuen Westfälischen nochmals von "Zweifeln an der Seriosität des Sicherheitsdienstes". Das Blatt berichtet so: "Dem CDU-Politiker missfiel 'sowohl das Auftreten als auch das Erscheinungsbild' der Mitarbeiter der Wachfirma SKI. Er störte sich vor allem an den Tattoos, wie er in der Rückschau sagt". Ein verdächtiger Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes hatte sich das Wort "Hass" auf den Hals stechen lasen, einer "Ruhm und Ehre" auf den Unterarm.

Die Aussagen des Bürgermeisters waren am Donnerstag auch das zentrale Thema auf den Fluren des Landtages. Andauernd wurde Ewers darauf angesprochen.

In den vergangenen Tagen hat Ewers nach Angaben von CDU-Kreisen zwei Anrufe des Staatssekretärs im SPD-geführten Innenministerium erhalten. Einem hochrangigen CDU-Politiker erzählte Ewers daraufhin, er sei gebeten worden, nicht das Wort "Organisationsversagen" in den Mund zu nehmen. Wenigen Stunden später änderte Ewers seine Aussagen: Er sei bei seinen Angaben über das Gespräch im Innenministerium und die zweifelhafte Seriosität des Sicherheitsdienstes falsch zitiert worden. Er wolle kein "Kronzeuge eines möglichen Organisationsversagens sein", sagte er nun.

"Der ist umgeknickt"

Wurde da also Druck auf einen einzelnen Bürgermeister ausgeübt? Als kleine Kommune ist Burbach nicht unabhängig vom Wohlwollen der Landesregierung, wenn es um Zuschüsse geht. "Der ist umgeknickt", sagt ein ranghoher CDU-Politiker. Das Innenministerium reagierte am Donnerstag nicht auf Anfragen zu den Gesprächen mit dem Bürgermeister. Eine gemeinsame Pressemitteilung von Bürgermeister und Ministerium wurde angekündigt, die alle Missverständnisse ausräumen sollte. Sie kam aber auch nach Stunden nicht.

Bei einer Sache blieb Ewers aber auch am Donnerstag. Der SZ sagte er: Er habe bei dem Gespräch im Innenministerium, von den auf einer Bürgerversammlung geäußerten Zweifeln der Einwohner an der Seriosität der Sicherheitsdienstes berichtet.

Der Widerspruch bleibt also. Laut Innenministerium war die Seriosität nie ein Thema. Laut Ewers schon. Der Oppositionspolitiker Ralf Jäger hätte schon längst einen Rücktritt gefordert. Der Innenminister Jäger ist noch im Amt.

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