TV-Duell vor Präsidentschaftswahl:Macron wirft Le Pen Abhängigkeit von Putin vor

TV-Duell vor Präsidentschaftswahl: Treffen am Sonntag in der Stichwahl aufeinander: Marine Le Pen und Emmanuel Macron.

Treffen am Sonntag in der Stichwahl aufeinander: Marine Le Pen und Emmanuel Macron.

(Foto: Imago/Frederic Chambert)

Die rechtsextreme Kandidatin präsentiert sich im TV-Duell vor der Wahl als Anwältin der einfachen Leute, der Amtsinhaber als Garant für die Zukunft der EU. Eine erste Umfrage sieht Macron als Gewinner des Duells.

Aus dem großen TV-Duell vor der Stichwahl um die Präsidentschaft in Frankreich ist Amtsinhaber Emmanuel Macron nach einer ersten Umfrage als Gewinner mit klarem Vorsprung vor der rechten Herausforderin Marine Le Pen hervorgegangen: Nach der mehr als zweieinhalbstündigen Debatte am Mittwochabend hielten zwei von drei Zuschauern den Mitte-Politiker für den überzeugenderen Kandidaten, wie eine Umfrage des Instituts Elabe ergab.

Mit Spannung war erwartet worden, ob die beiden Kontrahenten sich wie im Duell vor der Präsidentschaftswahl 2017 Beschimpfungen und persönliche Angriffe leisten würden. Die Debatte blieb aber überwiegend sachlich, auch wenn beide hart gegen den Gegner austeilten. Der Mitte-Politiker Macron, der sich um eine zweite Amtszeit bewirbt, war zunächst der aktivere in der Debatte und räumte auch Fehler und Versäumnisse in der zurückliegenden Amtszeit ein.

Das Duell, das einzige direkte Aufeinandertreffen der beiden vor der Stichwahl am kommenden Sonntag, drehte sich um vier Themen: den Verlust der Kaufkraft, den die rechtsextreme Kandidatin Le Pen früh als für sie günstiges Wahlkampfthema identifiziert hatte; den Krieg in der Ukraine, die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme sowie den Klimawandel.

Macron stellte Renten- und Mindestlohnerhöhungen in Aussicht, außerdem will er die Preise von Gas und Strom deckeln. Außerdem gelte es, die Arbeitslosigkeit weiter zu senken, ein eigener Lohn sei die beste Stärkung der Kaufkraft. Le Pen schlug vor, die Mehrwertsteuer auf Energie, unter anderem auch auf Benzin, von 20 auf 5,5 Prozent zu senken - ein Vorschlag allerdings, der in Widerspruch zu den Regeln der EU steht, die Benzin bisher nicht auf der Liste jener Produkte aufführt, für die, wie etwa bei Lebensmitteln, ein reduzierter Mehrwertsteuersatz zulässig ist. Was Lebensmittel angeht, so will Le Pen die Mehrwertsteuer für 100 Grundprodukte des täglichen Bedarfs sogar ganz streichen.

Le Pen blieb ihrer im Wahlkampf eingenommenen Rolle treu und präsentierte sich als Anwältin der einfachen Französinnen und Franzosen. "Ich werde die Präsidentin der Lebenshaltungskosten sein", sagte Le Pen.

Macron betonte die Verankerung Frankreichs in der Europäischen Union und legte ein Bekenntnis zur deutsch-französischen Kooperation ab. "Ich glaube an Europa und ich glaube an das französisch-deutsche Paar. Ich denke, dass es das französisch-deutsche Paar ist, dass es uns ermöglicht hat, Abkommen zu erreichen." Der Präsident warf Le Pen vor, sich aus der EU verabschieden zu wollen, ohne dies klar zu sagen. Le Pen meinte, es gebe keine europäische Souveränität, weil es kein europäisches Volk gebe. "Ich verteidige das Europa der Nationen." Sie wolle nicht aus der EU aussteigen, wenn das so wäre, würde sie es sagen. Ihre gehe es um Veränderungen der Union.

Macron wirft Le Pen Nähe zu Putin vor

Beim Streitthema Rente, um das in Frankreich immer wieder gerungen wird, pochte Le Pen auf einen Renteneintritt mit 60 bis 62 Jahren. Wer bereits mit 16 bis 20 Jahren in den Beruf einsteige, solle mit 60 Jahren in Rente gehen können, die übrigen Beschäftigten wie bisher üblich mit 62 Jahren. "Die Rente mit 65 Jahren ist eine absolute Ungerechtigkeit", sagte Le Pen zu Macrons Plan eines höheren Renteneintrittsalters. Macron betonte, eine Rente ab 65 Jahren solle nicht für alle Beschäftigten gelten, ausgenommen seien etwa Menschen in besonders anstrengenden Berufen. Angesichts einer gestiegenen Lebenserwartung müsse das Rentensystem gegenfinanziert werden.

Macron warf seiner Konkurrentin mit Blick auf ihre früher offen zur Schau getragene Nähe zu Russland vor, von dessen Präsidenten Wladimir Putin abhängig zu sein. Le Pens Partei erhielt 2014 einen Kredit von einer russischen Bank. Kurz vor den Wahlen 2017 wurde Le Pen zudem von Putin in Moskau empfangen. Die Chefin des Rassemblement National (RN) verteidigte den Kredit aus Russland, da in Frankreich damals kein Darlehen zu erhalten gewesen sei. Zudem habe diese Transaktion ihre Unabhängigkeit in keiner Weise beeinträchtigt.

Den Einmarsch Russlands in die Ukraine hat die 53-Jährige als klare Verletzung internationalen Rechts verurteilt. Zugleich will sie sich für eine Annäherung zwischen der Nato und Russland einsetzen, falls der Ukraine-Krieg beendet ist und ein Friedensvertrag steht. Die Rüstungskooperation mit Deutschland will die rechte Kandidatin aufkündigen, die Macron "Blindheit gegenüber Berlin" vorwirft. In der TV-Debatte kritisierte sie zudem Deutschland wegen einer Energiepolitik, die sie als verfehlt bezeichnete, da sie das Land "sehr abhängig von russischem Gas" gemacht habe. Mit den gegen Russland verhängten Sanktionen stimme sie zwar überein: Doch ein Gasimportstopp komme für sie nicht in Frage: "Das ist nicht die richtige Methode."

Auf den Klimawandel will Le Pen mit einer Regionalisierung der französischen Wirtschaft reagieren. Der freie Welthandel sei für einen Großteil der Emissionen verantwortlich. Macron warf seiner Konkurrentin vor, eine "Klimaskeptikerin" zu sein, sie konterte, Macron sei hingegen ein "Klimaheuchler", der die Kosten für die Veränderungen einseitig den einfachen Bürgerinnen und Bürgern aufbürden würde.

Bereits vor der Präsidentschaftswahl 2017 hatten Macron und Le Pen sich in einem TV-Duell gegenüber gesessen, dabei war die Diskussion von Beschimpfungen und persönlichen Angriffen geprägt gewesen. Nun zeigte Macron sich als Zuhörer, der seiner Kontrahentin bei einigen Feststellungen Recht gab - um sich aber im Anschluss zu bemühen, deren Schlussfolgerungen oder Forderungen zu widerlegen. Le Pen konzentrierte sich ebenfalls auf die Aussagen ihres Gegners und versuchte etliche Darstellungen des Präsidenten zu widerlegen.

In Befragungen vor der Stichwahl lag Macron in der Wählergunst zuletzt klar vorn. Im Schnitt kam er auf 55,83 Prozent. Damit zeichnet sich ein weniger enges Rennen ab, als es vor der ersten Runde der Präsidentenwahl laut Umfragen zu erwarten war.

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