TV-Debatte der US-Vizepräsidentschaftskandidaten:Biden attackiert, Ryan hält dagegen

Der Vize zeigt's dem Präsidenten: Von Beginn an attackiert US-Vizepräsident Joe Biden seinen Widersacher Paul Ryan. Doch der junge Republikaner patzt nicht und bietet dem älteren Biden Paroli. Ob Irans Atomprogramm oder die Wirtschaftskrise: Die Debatte der Stellvertreter von US-Präsident Barack Obama und Mitt Romney fällt lebhaft und aggressiv aus.

Für Obamas Vize Joe Biden war es ein wichtiger Auftritt. Denn aus dem TV-Duell vergangene Woche war US-Präsident Barack Obama der mehrheitlichen Meinung nach gegen Herausforder Mitt Romney als Verlierer hervorgegangen. Der Demokrat Biden musste nun im Schlagabtausch seinem republikanischen Gegner Paul Ryan einiges entgegensetzen - und zeigte sich deutlich angriffslustiger als sein Chef.

Ob Irans Atomprogramm oder die Arbeitslosenrate in den USA: In der lebhaften Debatte waren sich die Vizes in kaum einem Punkt einig. Einer CNN-Umfrage zufolge sahen 48 Prozent der Zuschauer Ryan als Sieger, 44 Prozent hingegen Biden.

Der Republikaner Ryan warf Amtsinhaber Biden vor, die Regierung von Präsident Barack Obama habe im Zusammenhang mit dem Anschlag auf das US-Konsulat in Libyen versagt. Sie habe den US-Botschafter Chris Stevens nicht ausreichend geschützt. Stevens war bei dem Anschlag in Bengasi zusammen mit drei weiteren Amerikanern getötet worden. Die USA erlebten derzeit, wie sich die Außenpolitik von Präsident Barack Obama auflöse, so der 42-jährige Ryan. Der Status Amerikas in der Welt sei geschwächt worden.

Biden bezeichnete Ryans Äußerungen als "einen Haufen Quatsch" und erklärte in der Debatte am Donnerstagabend (Ortszeit) in Danville im US-Bundesstaat Kentucky: "Nicht ein einziges Wort, das er gesagt hat, stimmt." Der 69-jährige Biden nannte den Tod der vier Männer in Bengasi eine Tragödie und sagte, die USA würden die Täter zur Rechenschaft ziehen und sicherstellen, dass sich Fehler nicht wiederholten. Obama habe die USA mit fester Hand und einer klaren Vision geführt, sagte der Demokrat und erklärte, der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney würde das Gegenteil tun.

Das Duell der Vizes war lebhafter und agressiver

Auch über den Umgang mit Irans umstrittenem Atomprogramm debattierten die Kandidaten. Dabei warf Ryan Obama vor, er habe Teheran erlaubt, vier Jahre näher an den Bau einer Atombombe heranzukommen. Er beschuldigte die Regierung, nicht zu ihrem Verbündeten Israel zu stehen.

"Was für ein loses Gerede", erwiderte Biden. Iran sei noch ein gutes Stück vom Atomwaffenbesitz entfernt. Die amerikanische Regierung habe die härtesten Sanktionen der Geschichte gegen das Land umgesetzt. Er sei zuversichtlich, dass man dem iranischen Atomprogramm einen schweren Schlag versetzen könne.

In der Innenpolitik warf Biden dem republikanischen Präsidentschaftsduo sozial ungerechte Steuerpläne vor. "Sie nehmen die Mittelschicht als Geisel, um die Steuern für die Superreichen zu senken", sagte er. Unter Obama würde der wohlhabendste Teil der Bevölkerung "etwas mehr zahlen", um die Mittelschicht zu entlasten.

Ryan entgegnete, dass die republikanischen Steuerpläne zu mehr Wachstum und Jobs führen würden. Zugleich bestritt der Kongressabgeordnete aus Wisconsin, dass die Steuerlast der Reichen sinken werde, da Romney Schlupflöcher schließen wolle. Die Abgaben für mittlere Einkommen würden nicht erhöht, versicherte Ryan, der als Chef des Haushaltsausschusses im Repräsentantenhaus die Fiskalpolitik der Republikaner maßgeblich geprägt hat.

"Ein echter Aufschwung sieht anders aus"

Der Republikaner hielt Obamas Regierung Versagen im Kampf gegen die Wirtschaftskrise vor. "Wir gehen in die falsche Richtung." In den USA hätten 23 Millionen Menschen Probleme, einen Job zu finden; 15 Prozent der Bevölkerung lebten in Armut. "Ein echter Aufschwung sieht anders aus", sagte Ryan. Biden betonte dagegen, dass sich die Wirtschaft bei Obamas Amtsübernahme im "freien Fall" befunden habe. Die Regierung habe mit Steuersenkungen für die Mittelschicht und der Rettung der US-Autoindustrie gehandelt.

Die Vizekandidaten gingen mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen in die Debatte. Biden saß 36 Jahre im Senat, auch als Vorsitzender der Ausschüsse für Auswärtiges und Justiz. Bei der Wahl vor vier Jahren machte er bei seiner Debatte mit Sarah Palin eine gute Figur und zeigte sich bei seiner gescheiterten Präsidentschaftsbewerbung als starker Redner. Der junge Ryan hat dagegen vergleichsweise wenig Erfahrung mit derartigen Debatten. Er gilt als Experte für Haushaltsfragen und eher schwach in der Außenpolitik.

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