TV-Debatte der Republikaner:Sieben gegen einen Unsichtbaren

  • Die letzte TV-Debatte der Republikaner vor dem Beginn der Vorwahlen findet ohne Donald Trump statt - der ist auf den anderen TV-Sendern zu sehen.
  • Jeb Bush präsentiert sich als Mann der konservativen Mitte, Marco Rubio und Rand Paul gehen den Trump-Verfolger Ted Cruz an.
  • Erstmals zeigt sich, wie ein etwas moderateres Kandidatenfeld aussehen könnte. Zu spät?

Von Johannes Kuhn, New Orleans

Die siebte TV-Debatte der Republikaner ist die letzte, bevor es am Montag bei den ersten Vorwahlen in Iowa um Stimmen geht. Für die sieben Kandidaten auf der Bühne also ein ausgezeichneter Moment, sich nochmals vor einem großen Publikum in Szene zu setzen.

Theoretisch zumindest. Mit dem in Umfragen führenden Donald Trump hatte der achte und prominenteste Teilnehmer abgesagt. Und so kämpfen die Rivalen auf Fox News nicht nur um Aufmerksamkeit, sondern auch gegen den unsichtbaren Donald Trump, dessen als Wohltätigkeitsabend ummantelte Gegenveranstaltung teilweise zeitgleich auf CNN und MSNBC läuft.

Die Rivalen geben sich demonstrativ gelassen, vielleicht etwas zu sehr: "Ich vermisse ihn etwas, er war ein kleiner Teddybär für mich", behauptet Jeb Bush, Trumps liebstes Mobbingopfer. Und Ted Cruz versucht es mit einer Trump-Parodie: "Ich bin ein Wahnsinniger und jeder auf dieser Bühne ist dumm, fett und hässlich. Und Ben (Carson; Anm. d. Red.): Du bist ein schlechter Chirurg. So, jetzt haben wir den Donald-Trump-Teil erledigt."

"Das ist ein Authentizitätsproblem"

Cruz hat sich in Iowa und darüber hinaus als der bis dato stärkste Trump-Rivale entpuppt. Der texanische Senator muss sich deshalb an diesem Abend einiges anhören: Er sei jemand, der "alles sagt oder tut, um eine Wahl zu gewinnen", sagt Floridas Jung-Senator Marco Rubio. Und Rand Paul, der Arzt, assistiert mit einer Diagnose: "Das ist ein Authentizitätsproblem."

Hinzu kommt, dass die Fox-Moderatoren - neben Megyn Kelly, die sich schon sehr öffentlich mit Trump anlegte, sind dies Chris Wallace und Bret Baier - alte Video-Interviews einspielen, in denen er und Rubio sich deutlich gemäßigter zur Einwanderungspolitik äußern als im Wahlkampf. Diese Form der Konfrontation hätte man sich auch mit Donald Trump gewünscht, aber der ist bekanntlich nicht anwesend.

Einige der Kandidaten blicken bereits über Iowa hinaus nach New Hampshire, wo moderatere Wähler warten. Jeb Bush liefert dabei seinen besten Auftritt und klingt mit seinen unaufgeregten Tönen zu Einwanderung und Muslimen wie eine Stimme der Vernunft, ohne energielos zu erscheinen. Marco Rubio gibt sich als harter Außenpolitiker, zeichnet sich selbst aber religiöser als sonst: "Mein Ziel ist es nicht, auf dieser Erde für 80 Jahre zu leben, sondern in Ewigkeit mit meinem Schöpfer." Iowa ist eben Evangelikalen-Land.

"Putin ist ein Land, das von einem einzigen Pferd gezogen wird"

Rand Paul spricht sich für eine stärkere Kontrolle der NSA und eine Entkriminalisierung jener Kleindelikte aus, die Afroamerikaner häufig ins Gefängnis bringen. Sein libertäre Haltung endet allerdings dort, wo es um Abtreibung oder Hillary Clinton als Ehefrau eines Präsidenten geht, der fremdgegangen ist.

New Jerseys Gouverneur Chris Christie erwähnt mehrfach, wer definitiv nicht für die Präsidentschaft geeignet ist (Hillary Clinton) und spielt die "Ich-kann-die-USA-vor-Terrorangriffen-schützen"- Karte. Nach einem Wortwechsel zwischen Rubio und Cruz wünscht er sich ein "Washingtonisch-Englisch-Wörterbuch". John Kasich dagegen kommt kaum zu Wort, und Ben Carson - Zuschauern als ehemaliger Geheimtipp bekannt - lässt in seinen wenigen Einlassungen erstaunliche Wortpuzzles auf das Publikum regnen ("Putin ist ein Land, das von einem einzigen Pferd gezogen wird. Öl und Energie.")

Doch das sind alles nur Schnappschüsse. Aus der Vogelperspektive wird deutlich, wie ein Kandidatenfeld ohne Trump aussehen würde: Etwas moderater, mit etwas weniger Rechtsdrall und Xenophobie, aber dennoch stark gespalten zwischen klassisch-konservativen Establishment-Kandidaten und jenen "Außenseitern", die ihren Sauerstoff aus der Verachtung des Washingtoner Politikbetriebs ziehen. Der Weg zurück zur Mitte erscheint an diesem Abend für einige Kandidaten zum ersten Mal nicht ganz so weit wie zuvor.

Donald Trump spielt an diesem Abend die Hauptrolle

Doch spielt das alles eine Rolle? Donald Trump wird an diesem Abend kaum erwähnt, spielt aber rundherum, in der Meta-Erzählung und selbst in den Google-Suchen die Hauptrolle. Amerikaner mögen es nicht, wenn der Sportsgeist missachtet wird. Doch dass Trumps Fernbleiben Folgen hat, glaubt kaum jemand.

Weil Trump alle Prä-Trump-Gewissheiten auf den Kopf stellt, könnte diese TV-Debatte völlig irrelevant gewesen sein, auch wenn man am Wochenende noch einmal die Quoten (Trump gegen die sieben) und Umfragewerte (Trump gegen Cruz) vergleichen wird. Vielleicht stand in Des Moines, Iowa, der künftige Präsidentschaftskandidat der Republikaner gar nicht auf der Bühne.

Das ist erstaunlich, aber nicht ganz so erstaunlich wie die Gründe dafür: Ein bedeutender Teil der Partei scheint das republikanische Establishment - im Grunde Politiker an sich - fast so sehr zu verabscheuen wie Barack Obama oder Hillary Clinton. So sehr, dass selbst der heftigste Rechtsruck nicht genügt. Dass keine Botschaft verfängt, keine TV-Debatte in der Meinungsbildung eine zentrale Rolle spielt.

Ein republikanischer Präsidentschaftskandidat Donald Trump wäre nur die sichtbarste Folge dieser Entwicklung. Der Riss im konservativen Lager geht tiefer - und diese Wahlperiode wird nicht genügen, sein ganzes Ausmaß zu erfassen.

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