TV-Debatte der Republikaner:"Ich bin Hillary Clintons schlimmster Albtraum"

Carly Fiorina macht ihre Schwäche zur Stärke, Jeb Bush verteilt Schmatzer und Donald Trump denkt über Waffen für seine Angestellten nach. Die US-Republikaner in der Einzelkritik.

Von Matthias Kolb, Washington, und Johannes Kuhn, San Francisco

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Donald Trump (69, Immobilien-Milliardär)

Republican Presidential Candidates Hold Third Debate In Colorado

Quelle: AFP

Profiliert sich im Wahlkampf als der einzige Kandidat, der die USA zu alter Größe zurückführen und Amerikas Volkswirtschaft retten kann. Und der ausspricht, was angeblich alle denken, aber sich nicht zu sagen trauen.

Wirkte in der Debatte: Höflich - abgesehen von den überforderten Moderatoren attackierte Trump niemanden und hielt sich aus Rededuellen heraus. Außerdem selbstbewusst - der Milliardär betont weiterhin ständig, dass sein Erfolg in der Geschäftswelt ihn zum besten Präsidenten aller Zeiten machen wird. Wirkte aber auch detailarm - erzählt weiterhin voller Selbstbewusstsein einzig, dass sein Erfolg in der Geschäftswelt ihn zum besten Präsidenten aller Zeiten machen werden.

Moment des Abends: Kann sich vorstellen, dass die Angestellten in seinen Hotels künftig Waffen tragen, damit "psychisch kranke Sickos" dort nicht rumballern. Brüstete sich im Abschluss-Statement damit, die Dauer dieser TV-Debatte auf zwei Stunden begrenzt zu haben, wofür ihm viele dankbar waren.

Wird in den kommenden Wochen weiterhin von sich selbst schwärmen und mehr Zuschauer als alle anderen Kandidaten anziehen, weil dieser Abend für ihn zufriedenstellend lief. Das Interesse bleibt.

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Ben Carson (64, ehemaliger Gehirnchirurg)

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Quelle: AFP

Profiliert sich im Wahlkampf als Anti-Establishment-Politiker, der mit guten Manieren und seiner Karriere als Neurochirurg viele frustrierte Wähler anspricht.

Wirkte in der Debatte ruhig, weil es wohl nichts gibt, was den früheren Starmediziner aus der Fassung bringen kann, aber auch ziemlich unkonkret - er wollte nicht mal verraten, ob der von ihm vorgeschlagene Einheitssteuersatz bei zehn oder bei 15 Prozent liegen werde.

Moment des Abends: Carson wirbt stets dafür, den Staat zu beschneiden. Bester Satz: "Die Amerikaner sollten ihre eigene Intelligenz nutzen und nicht der angeblich intelligenten Regierung vertrauen."

Wird in den kommenden Wochen viele überzeugte Christen, die Abtreibung und Homo-Ehe ablehnen, beeindrucken und Tausende seiner Bücher verkaufen.

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Marco Rubio (44, Senator aus Florida)

Republican Presidential Candidates Hold Third Debate In Colorado

Quelle: AFP

Profiliert sich im Wahlkampf als junger Kandidat, der konservative Wähler ebenso überzeugen kann wie Latinos und Leute, die wie er in einfachen Verhältnissen aufgewachsen sind.

Wirkte in der Debatte bestens vorbereitet (er konterte kritische Fragen über seine früheren Finanzprobleme oder die vielen Fehlzeiten im Senat geschickt) und optimistisch (Rubio glaubt nicht an den Niedergang Amerikas und verknüpft diese Botschaft mit seinem Aufstieg vom Kind kubanischer Einwanderer zum Senator).

Moment des Abends: Nach Trumps Zetern über die Super-Pac-Wahlvereine nimmt Rubio geschickt das Thema auf und bringt Amerikas Konservative zum Jubeln: "Die Demokraten haben das beste Super Pac, nämlich die Mainstream-Medien." Journalisten-Beschimpfung wirkt immer.

Wird in den kommenden Wochen noch viel häufiger als Geheimfavorit genannt werden, der die Flügel der Partei vereinigen könnte. Wäre seine Biografie nur nicht so ähnlich zu der von Präsident Barack Obama.

4 / 10

Jeb Bush (62, Ex-Gouverneur von Florida)

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Quelle: AP

Profiliert sich im Wahlkampf als erfahrener Ex-Gouverneur, der Land und Partei modernisiert und etwa das Einwanderungsrecht reformiert. Leider hat die Basis genug von den Bushs und vom Establishment.

Wirkte in der Debatte: Uninspiriert - Bush hat kein einziges neues Argument, warum ihn die Basis unterstützen sollte - und genervt von all den Außenseitern, die viel versprechen und keine Erfahrung haben. Man sah ihm an, dass er eigentlich nicht auf dieser Bühne stehen will.

Moment des Abends: Wollte der Klassiker-Frage ausweichen, ob er für zehn Dollar Ausgabenkürzung einer Steuererhöhung von einem Dollar zustimmen würde. Also sagte er: "Wenn Sie mir einen Demokraten finden, der die Ausgaben auch nur um zehn Dollar kürzen will, dann gebe ich ihm einen dicken Schmatzer." Das Internet stöhnte auf.

Wird es in den kommenden Wochen schwer haben, seine Geldgeber davon zu überzeugen, dass er das Zeug dazu hat, das Weiße Haus erobern zu können. Denn nach dieser kümmerlichen Leistung werden seine Umfragewerte nicht steigen.

5 / 10

Ted Cruz (44, Senator aus Texas)

Republican Presidential Candidates Hold Third Debate In Colorado

Quelle: AFP

Profiliert sich im Wahlkampf als Anti-Washington-Kandidat, der politische Kompromisse ablehnt.

Wirkte in der Debatte aggressiv gegen die Moderatoren, die er als Unruhestifter darstellte, aber vor allem gegen die Demokraten. Wirkte auch: Geschichtlich beschlagen - bezeichnete die Debatte der Demokraten als Diskussion zwischen Kommunisten der "Bolschewiki und Menschewiki". Wirkte schließlich nüchtern, als er bekannte: "Ich bin nicht der Typ, mit dem du ein Bier trinken kannst. Aber wenn du jemanden suchst, der dich heimfährt ..."

Moment des Abends: Ätzte gegen Medien, bot aber dem hispanischen Moderator Carl Quintanilla "einen Tequila oder einen dieser Brownies aus Colorado" (Marihuana ist dort legal) an.

Wird in den kommenden Wochen weiterhin als kompromissloser Anti-Establishment-Kandidat auftreten und hoffen, dass die Konkurrenz weniger wird und er im Trump-Lager Anhänger findet.

6 / 10

Carly Fiorina (61, ehemalige Chefin von Hewlett Packard)

579062387

Quelle: AFP

Profiliert sich im Wahlkampf als Anti-Establishment-Politikerin und Geschäftsfrau, die das Weiße Haus wie eine Firma führen wird.

Wirkte in der Debatte: Kapitalismusbegeistert (listete knallhart auf, warum sie als HP-Chefin so viele Mitarbeiter entließ und das auch der Regierung guttun würde), gut vorbereitet (betete ihr Bekenntnis zur großmöglichsten Marktfreiheit routiniert herunter) und defensiv (hatte Probleme, ihre umstrittene Bilanz bei HP zu verteidigen).

Moment des Abends: Machte ihre Schwäche zur Stärke und erklärt ans Publikum gewandt: "Ich bin noch nicht euer Traumkandidat, aber Hillary Clintons schlimmster Albtraum."

Wird in den kommenden Wochen entscheiden, wie weit sie ihre CEO-Strategie noch führt. Nach der zweiten Debatte hatte sie kurz in den Umfragen zugelegt, um kurz darauf wieder in die Bedeutungslosigkeit zu stürzen.

7 / 10

Mike Huckabee (60, ehemaliger Gouverneur von Arkansas)

Republican Presidential Candidates Hold Third Debate In Colorado

Quelle: AFP

Profiliert sich im Wahlkampf als sozial-konservativer Kandidat der christlichen Rechten und Stimme der Vernunft im Sinne des evangelikalen Radikalismus.

Wirkte in der Debatte gegenwartsfixiert - will an Altersversorgung und Sozialsystem als einziger Kandidat überhaupt nichts ändern. Wirkte außerdem moralisch - "Es geht um Moral, nicht um Mathe" erklärte er und behauptete, das Gesundheitssystem sei ganz einfach durch den Sieg über Krankheiten wie Krebs reformierbar. Trat schließlich Clinton-feindlich auf - genauer gesagt, noch etwas Clinton-feindlicher als andere Kandidaten ("Ich habe mein Leben damit verbracht, die Clinton-Maschine zu bekämpfen").

Moment des Abends: Gab stolz zu, eine Krawatte der Marke Trump zu tragen.

Wird in den kommenden Wochen weiterhin die evangelikale Basis in deren Vorwahl-Hochburgen Iowa und South Carolina bespielen, ohne eine größere Rolle einzunehmen.

8 / 10

Rand Paul (52, Senator aus Kentucky)

Republican Presidential Candidates Hold Third Debate In Colorado

Quelle: AFP

Profiliert sich im Wahlkampf als prinzipientreuer Verächter jeglicher Form von Einmischung durch die Regierung.

Wirkte in der Debatte distanziert (vom Rest der Partei und der Politik - "Rechts und links werden uns mit ihrer Verschwendung kaputtmachen") und deplatziert (Paul kann weder die christliche Rechte noch den ökonomischen Mainstream der Republikaner bedienen und wirkt deshalb fremd).

Moment des Abends: Keiner - Paul bekam wenig Redezeit und verbrauchte sie ohne große Botschaft.

Wird in den kommenden Wochen immer lautere Debatten darüber hören, ob er seine Kandidatur nicht aufgeben sollte.

9 / 10

John Kasich (63, Gouverneur von Ohio)

Republican U.S. presidential candidate Ohio Gov. John Kasich speaks at the 2016 U.S. Republican presidential candidates debate held by CNBC in Boulder

Quelle: REUTERS

Profiliert sich im Wahlkampf als moderater Republikaner, der Lösungen gegenüber der Konfrontation bevorzugt.

Wirkte in der Debatte: Genervt - über die "Fantasie-Pläne" der populistischeren Kandidaten und fehlende Diskussionen über Sachpolitik. Nüchtern - immer wieder brachte er seine Gouverneurs-Erfahrungen ins Spiel und rechnete seine eigenen Pläne vor. Defensiv - wusste keine Antwort auf Trumps Vorwurf, in Ohio nur vom Fracking-Geldregen zu leben und als Mitarbeiter von Lehman Brothers die Finanzkrise mitversursacht zu haben.

Moment des Abends: Sagte "ich war ein Banker und stolz darauf". Was an der republikanischen Basis nicht unbedingt als Qualifikation gilt.

Wird in den kommenden Wochen sehen, ob seine Umfragewerte weiterhin schlecht bleiben oder er als Moderater eine Nische findet. Die Wahrscheinlichkeit, dass er die ersten Vorwahlen Anfang Februar noch als Kandidat erlebt, ist nicht gestiegen.

10 / 10

Chris Christie (53, Gouverneur von New Jersey)

-

Quelle: AP

Profiliert sich im Wahlkampf als erfahrener Macher, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Hat Probleme, weil Donald Trump diese Rolle bislang ausfüllt.

Wirkte in der Debatte präsenter als sein Anti-Establishment-Rivale Trump, listig - griff im richtigen Moment Demokraten an ("Haltet eure Brieftaschen fest!") und distanzierte sich von Washington, ohne wie ein völlig substanzloser Anti-Politiker zu wirken. Wirkte schließlich kompetent - anders als andere Kandidaten versuchte er, auch Details seiner Wirtschaftspläne zu erwähnen.

Moment des Abends: Machte Jeb Bush lächerlich, als dieser sein Football-Tippspiel erwähnte. "Wir haben ein Defizit von 19 Billionen, IS steht ums Eck und wir reden über Fantasy Football?"

Wird in den kommenden Wochen etwas mehr Aufmerksamkeit erfahren. Vielleicht auch in den Umfragen. Das hängt aber davon ab, ob die Republikaner sich für seinen Stil begeistern können.

© Süddeutsche.de/fued
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