TV-Debatte der Republikaner:Ein schöner Abend für Hillary Clinton

GOP Presidential Candidates Debate In Milwaukee

Die Republikaner sind besessen von Hillary Clinton: Auch das Passwort für den Internet-Zugang bei der vierten Debatte spielt auf die Demokratin an.

(Foto: AFP)

Bush stoppt seinen Niedergang, Rubio strahlt und Trump ist Trump: Mit ihren Debatten-Leistungen können alle Republikaner zufrieden sein. Doch ihre Aussichten für 2016 sind düster.

Kommentar von Matthias Kolb, Washington

Erleichtert. So dürften sich die acht Kandidaten der Republikaner nach ihrer vierten Debatte fühlen, denn sie haben alle ihre kurzfristigen Ziele erreicht. Ben Carson bekam keine wirklich kritischen Fragen zu den Widersprüchen in seiner Biografie zu hören - weder von seinen Rivalen noch von den ansonsten exzellenten Moderatoren.

Der junge Shootingstar Marco Rubio konnte als Einziger kompetent über Außenpolitik reden, erneut jede seiner Antworten mit einer guten Formulierung beenden und dabei sogar ziemlich präsidentiell rüberkommen. Donald Trump trat halbwegs staatsmännisch auf und lieferte doch noch genügend Sprüche und Hymnen auf die eigene Großartigkeit, um seine Fans bei Laune zu halten.

Ted Cruz schimpfte auf das "korrupte Washington", Rand Paul stellte Trumps mangelndes Detailwissen in Sachen Freihandel bloß. Und Jeb Bush? Der Präsidenten-Sohn und -Bruder wirkte erstmals so, als hätte er Lust auf die Gruppendiskussion. "He stopped the bleeding", sagt man im Washingtoner Polit-Jargon: Die Blutung ist gestillt, die Spender sind beruhigt - bis zur nächsten Debatte in fünf Wochen.

Viel Geschimpfe und simple Parolen

Doch auf mittel- und langfristige Sicht bieten Amerikas Konservative ein erbärmliches Bild. Als Moderatorin Maria Bartiromo die sieben Männer und Carly Fiorina (auch sie zeigte eine solide Leistung) fragte, wie sie 2016 gegen Hillary Clinton und deren "beeindruckenden Lebenslauf" gewinnen wollten, erntete sie ohrenbetäubende Buhrufe. Im Folgenden wurde die Demokratin als "schlechteste Außenministerin aller Zeiten" und "Symbol für das korrupte Washington" beschimpft - doch wer nicht zur eingeschworenen Basis der Clinton-Hasser gehört, den überzeugt das kaum.

Angetrieben vom Erfolg der Außenseiter Trump und Carson überbieten sich die Republikaner an simplen Parolen. Elf Millionen Migranten, die keine Papiere haben? Abgesehen von Bush und Ohios Governeur John Kasich wollen alle Bewerber sie aus dem Land werfen - irgendwie könnten die Latinos ja wieder einreisen. Höherer Mindestlohn? Wegen der globalen Konkurrenz leider nicht machbar, sagen alle Republikaner unisono. Steuern? Wenn man die Sätze nur tief genug senkt, dann wird von Zauberhand die Wirtschaft wieder wachsen und alle werden profitieren.

Mit diesen Slogans verärgern die Republikaner die schnell wachsende Wählergruppe der Hispanics und zeigen wenig Verständnis für die vielen Amerikaner, die seit Jahren keine Lohnerhöhungen mehr bekommen oder mehrere Teilzeit-Jobs brauchen, um über die Runden zu kommen. Sie würden von einem höheren Mindestlohn oder niedrigen Kosten für Hochschulbildung profitieren - doch über diese Themen reden eben nur die Demokraten.

Debatte liefert gutes Material für Werbespots der Demokraten

Gewiss: Die Mehrheit interessiert sich noch nicht für die Präsidentschaftswahl, die erst in einem Jahr stattfindet. Das belegte Facebook in der Debatte mit einer nur scheinbar eindrucksvollen Zahl: 58 Millionen Amerikaner hätten im vergangenen Monat über Politik geredet. Doch das bedeutet auch, dass 173 Millionen sich bisher nicht mit den Wahlen beschäftigen - basierend auf der Tatsache, dass 71 Prozent der Bevölkerung einen Facebook-Account haben.

Die Aussagen der Kandidaten über die Gefahren höherer Löhne oder die "Mauer zu Mexiko" sind jedenfalls genau jenes Material für Werbeclips, nach dem sich die Strategen von Hillary Clinton sehnen. "Wir können im Herbst nur gewinnen, wenn unsere Vorschläge solide sind und die Zahlen stimmen", flehte John Kasich seine Parteifreunde an. Ohios Gouverneur gab sich erneut pragmatisch und besetzte die Rolle des einzigen Erwachsenen auf der Bühne - doch in einem Wahljahr, wo die Wut auf Washington (Republikaner) und die Wall Street (Demokraten) unerahnte Höhen erreicht, kann er damit kaum gewinnen.

Für Hillary Clinton, die in die Debatte der Demokraten am Samstag als Favoritin geht, war dies ein schöner Abend. Und das lag nicht nur daran, dass die Republikaner bei außenpolitischen Fragen so große Lücken offenbarten, dass die Ex-Außenministerin hier keine Konkurrenz fürchten muss. Clinton und ihr Team gaben sich online selbstbewusst, weil wenig dafür spricht, dass die Republikaner begriffen haben, wie schnell die USA bunter, jünger und toleranter werden. Und nur mit den Stimmen von wütenden, alten weißen Männern schafft es niemand mehr ins Weiße Haus.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: