TV-Debatte der Demokraten:Hillary Clinton: Niemand hilft dem IS mehr als Trump

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Hillary Clinton dominiert die Demokraten-Debatte in New Hampshire - und attackiert Donald Trump. (Foto: AP)

In der TV-Debatte versprechen Sanders, Clinton und O'Malley, keine Soldaten in den Kampf gegen die IS-Miliz zu schicken. Die US-Muslime dürften nicht dämonisiert werden. Immerhin ein Republikaner wird gelobt.

Von Matthias Kolb, Washington

Plötzlich wird es vor der letzten TV-Debatte der Demokraten des Jahres noch mal spannend. Politico spricht vom "Bürgerkrieg" zwischen Ex-Außenministerin Hillary Clinton und ihrem Rivalen Bernie Sanders. Was ist passiert? Rechnen die Journalisten damit, dass Clinton zwei Stunden lang attackiert werden wird, weil sie in Umfragen 31 Prozent Vorsprung auf Sanders hat?

Auch das, doch die Aufregung war entstanden, weil ein Sanders-Mitarbeiter nach einer Technik-Panne plötzlich Zugang zu den Wählerdaten der Clinton-Organisation hatte. Er sicherte einige Informationen - und wurde deswegen am Freitag gefeuert. Anschließend hatten sich das Clinton- und Sanders-Lager sowie die Parteifunktionäre des Democratic National Committee (DNC) gegenseitig beschimpft und beleidigt. Sanders' Anwälte hatten das DNC sogar verklagt, um weiterhin Zugang zu den enorm wichtigen Daten zu haben.

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Wie im Horrorfilm: Die Fernsehdebatten der Republikaner illustrieren erschreckend deutlich, wie sehr Amerikas extreme Rechte die Angst vor dem Niedergang instrumentalisiert.

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Sanders entschuldigt sich bei Hillary Clinton

Doch gleich zu Beginn der TV-Debatte aus New Hampshire räumt der Senator aus Vermont das Thema vom Tisch. Der entlassene Mitarbeiter habe einen Fehler gemacht und nun werde sein Team mit Clintons Team untersuchen, wie sich solche Technik-Pannen künftig vermeiden lassen. Und dann sagt der demokratische Sozialist: "Ich entschuldige mich bei Hillary und bei meinen Anhängern, denn diese Art von Wahlkampf wollen wir nicht führen."

Sanders giftet noch ein wenig gegen die DNC-Funktionäre, deren Reaktion völlig "überzogen" gewesen sei. Dieser Vorwurf ist oft zu hören: Das DNC tue alles, um Clinton die Kandidatur zu sichern - etwa indem es nur sechs TV-Diskussionen gibt ( Republikaner haben zwölf) und drei finden samstags statt. "Unsere Anhänger fragen uns ständig: 'Warum findet die Debatte ausgerechnet an einem Samstagabend statt?", klagt ein Sanders-Berater.

Gewiss: An einem Dienstag- oder Mittwochabend sind mehr US-Bürger bereit, sich einen politischen Schlagabtausch anzusehen als am letzten Wochenende vor Weihnachten. Doch diese Debatte ändert nichts an der Ausgangslage: Hillary Clinton geht als große Favoritin ins Wahlkampfjahr 2016. Sie redet besser über außenpolitische Themen wie den Kampf gegen die IS-Miliz ( "ich habe einen Drei-Stufen-Plan"), sie ist gut vorbereitet und attackiert deswegen schon mal die Republikaner im Allgemeinen und Donald Trump im Besonderen.

Clinton: Donald Trump ist ein Eiferer

Es sei völlig falsch, Amerikas Muslime zu dämonisieren und Ängste zu schüren, so Clinton. "Ich sage es offen: Ich rechne es George W. Bush hoch an, dass er nach 9/11 den Muslimen in diesem Land die Hand gereicht hat", sagt die frühere Außenministerin. Donald Trump, dessen Hochzeit sie 2005 besucht hat, bezeichnet sie als "Eiferer" und dessen Forderung nach einem Einreisestop für Muslime in die USA als bestes Rekrutierungsmittel für die IS-Dschihadisten.

Die 68-Jährige versichert, sie werde die USA vor Terror schützen und die IS-Miliz nicht nur "eindämmen, sondern zerstören". Schon in der vergangenen Debatte, die nach den Anschlägen von Paris und vor San Bernardino stattfand, hatte sich Clinton von Obamas Aussagen distanziert und mehr Entschlossenheit gefordert. Dennoch will sie nicht wieder Tausende US-Soldaten nach Syrien oder in den Irak schickten - ebenso wie Sanders und O'Malley.

Deren Statements wirken einstudiert: Sanders nennt Clintons Strategie "übermäßig aggressiv" und will nur "muslimische Bodentruppen" und kann nicht erklären, wieso er als Präsident eine Koalition mit Katar und Saudi-Arabien bilden könne, die Obama nur mühsam zusammenkriegte. Und er fordert, dass der Kampf gegen den IS absolute Priorität haben müsse - und die Absetzung von Assad "zweitrangig" sei. Clinton kontert kühl: "Wir können diese beiden Dinge nicht voneinander trennen."

Martin O'Malley, der frühere Gouverneur aus Maryland, macht keine schlechte Figur, doch auch seine Attacken gegen Trump ("wir müssen unsere Werte gegen die faschistischen Appelle von großmäuligen Milliardären verteidigen") werden nicht dazu führen, dass er in den Umfragen zulegt - momentan verharrt er bei fünf Prozent. Der Konsens unter allen drei Demokraten ist recht groß: Sie wollen Hochschulbildung bezahlbarer machen, den Mindestlohn erhöhen und das Strafjustizsystem reformieren.

Hillary Clinton scheut nicht vor deutlichen Aussagen zurück: Es gebe in der US-Gesellschaft noch immer "systemischen Rassismus" - auch unter Polizisten. Sie könne verstehen, dass viele Afroamerikaner wütend sind, betont sie. Und sie fordert vehement strengere Waffengesetze und widerspricht all jenen Amerikanern, die nach den jüngsten Anschlägen Pistolen und Gewehre gekauft haben: "Das ist nicht der richtige Schutz gegen Terrorismus." Hier hält sich Sanders auffallend zurück: In seinem Heimatstaat Vermont sind Waffen sehr populär, weshalb er sich vor Mitte 2015 nie für strengere Gesetze eingesetzt hatte.

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Von Matthias Kolb, Washington

Clinton witzelt: "Jeder sollte mich lieben"

Die ehemalige First Lady ist auch auf eher überraschende Fragen vorbereitet. 2007 habe das Fortune-Magazin folgende Schlagzeile auf die Titelseite geschrieben: "Business loves Hillary". Gelte dies auch noch acht Jahre später, will ABC-Moderator David Muir wissen. Clinton entgegnet: "Jeder sollte mich lieben" und betont, dass sie sich als Präsidentin um das Wohlergehen aller kümmern werde.

Bernie Sanders, dessen Hauptbotschaft von der wachsenden sozialen Ungleichheit in Zeiten von Terrorangst in den Hintergrund geraten ist, ruft danach laut: "Die Wall-Street-Banken und das big business werden mich sicher nicht lieben." An Sanders' Leidenschaft für seine Themen ("in unserem Wirtschaftssystem profitieren nur Milliardäre und nicht die Arbeiter") besteht kein Zweifel - und er ist etwa in New Hampshire populärer als Clinton. Doch wenn die frühere Außenministerin keine schweren Fehler macht, wird sie 2016 zur Kandidatin nominiert werden.

Was wird von dieser Debatte in Erinnerung bleiben? "Niemand hätte vor einem Jahr gedacht, dass der einzige Republikaner-Kandidat, über den die Demokraten reden, Donald Trump heißt - und gleichzeitig George W. Bush gelobt wird", bilanziert Starjournalist George Stephanopoulos.

Für die beiden besonderen Momente sorgt Hillary Clinton: Sie greift in ihrem Schluss-Statement - etwas erwartbar - die allgemeine Star Wars-Hysterie auf und sagt "Möge die Macht mit euch sein." Und in den sozialen Medien sorgte ein Moment nach der Werbepause für viel Wirbel: Clinton kommt mit Verspätung zurück auf die Bühne, wo die Moderatoren schon die nächste Frage formulieren. Ihr selbstsicherer Kommentar: "Sorry".

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