Tunesien:Übergangsparlament beugt sich Massenprotesten

Zehntausende demonstrieren gegen die Regierung in Tunis (Foto: Reuters)

In Tunesien zeigen die Straßenproteste Wirkung. Der Präsident der verfassungsgebenden Versammlung setzt angesichts des Aufruhrs die Arbeit des Gremiums aus. Doch den Demonstranten reicht das nicht: Sie wollen die Regierung stürzen.

Zehntausende Menschen haben in der vergangenen Nacht in Tunesien gegen die von der islamistischen Ennahda-Partei geführte Regierung protestiert. Es war die größte Demonstration seit dem Ausbruch der Proteste vor zwei Wochen. Die etwa 40.000 Teilnehmer forderten in der Hauptstadt Tunis den Rücktritt von Premierminister Ali Larayedh, zu Zusammenstößen kam es während der Kundgebung nicht.

Die Polizei erschoss in der Nähe der Hauptstadt einen Islamisten, meldet die Agentur Reuters. Seit dem Mord an dem Oppositionspolitiker Mohamed Brahmi, der die Proteste ausgelöst hatte, gehen die tunesischen Sicherheitskräfte verstärkt gegen radikale Muslime vor, die sie hinter dem Anschlag vermuten. Bereits im Februar war ein oppositioneller Politiker ermordet worden, die Demonstranten werfen der Regierung eine Mitschuld an den Anschlägen vor.

Als Reaktion auf die anhaltenden Proteste setzte die verfassungsgebende Versammlung ihre Arbeit aus. Das Übergangsparlament werde erst wieder zusammenkommen, wenn Regierung und Opposition ihre Gespräche wieder aufnehmen, sagte dessen Präsident Mustapha Ben Jaâfar. Die Arbeit der Versammlung ist seit Monaten wegen interner Streitigkeiten festgefahren.

Die Opposition zeigte sich erfreut über den Schritt. Die verfassungebende Versammlung müsse aber ganz aufgelöst und die Regierung abgesetzt werden, forderte eine Abgeordnete der Republikanischen Partei. Ein Mitglied der regierenden Ennahda kritisierte den Schritt scharf und warf Ben Jafaâr vor, einen Putsch begangen zu haben.

Schon vor der Entscheidung Ben Jafaârs, die Arbeit des Gremiums auszusetzen, hatten rund 60 Abgeordnete ihr Mandat niedergelegt. Sie unterstützen so die Regierungsgegner, sie sich seit zwei Wochen täglich zu Protesten versammeln.

© Süddeutsche.de/Reuters/dpa/AFP/chu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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