In Tunesien gehen Regierung und Justiz unter Präsident Kais Saied immer schärfer gegen Oppositionelle vor. Ein Gericht verurteilte am Mittwoch führende Politiker, Journalisten, ehemalige Regierungsmitarbeiter und andere Regierungskritiker zu langjährigen Haftstrafen. Deren Anwälte warfen Saied vor, jegliche Opposition unterdrücken zu wollen.
In dem Prozess waren insgesamt 41 Menschen wegen Verschwörung gegen den Staat angeklagt. Zu den Verurteilten gehört der langjährige Vorsitzende der islamistisch orientierten Ennahda-Partei, Rached Ghannouchi, der eine 22-jährige Gefängnisstrafe bekam. Ex-Ministerpräsident Hichem Mechichi erhielt eine 35-jährige Haftstrafe.
Mechichi war 2021 ins Ausland geflohen, wenige Monate nachdem Saied ihn entlassen und das Parlament aufgelöst hatte. Seitdem hat Saied fast alle Macht auf sich konzentriert. Die Opposition wirft ihm deswegen einen Staatsstreich vor. Die Urteile vom Mittwoch reihen sich ein in eine Folge von Prozessen gegen Oppositionelle und Gegner Saieds.
Die Ennahda-Partei bezeichnete die Urteile vom Mittwoch als eklatante Verletzung der Unabhängigkeit. Damit würden Freiheitsrechte in Tunesien weiter eingeschränkt.Saied rechtfertigt sein Handeln als notwendig, um Tunesien vor jahrelangem Chaos zu bewahren. Seine Kritiker hat er als Kriminelle, Verräter und Terroristen bezeichnet und gewarnt, jeder Richter, der sie freilasse, werde als deren Unterstützer angesehen.