Tunesien nach dem Terroranschlag:"Jämmerlicher Akt der Grausamkeit"

  • Im tunesischen Sousse bräunen sich Touristen am Strand, als wäre es ein Urlaubstag wie jeder andere. Aber normal ist hier nichts.
  • Bei dem Terroranschlag sind 39 Menschen ums Leben gekommen.
  • Politiker aus Frankreich, Grobritannien und Tunesien sind zum Kondolenzbesuch da. Aus Deutschland ist Innenminister de Maizière gekommen. Ihre Botschaft ist: Entschlossenheit zeigen.

Von Thierry Backes, Sousse

Der Terror hat den Strand hinter dem Fünfsterne-Hotel "Impérial Marhaba" am Freitag in einen Ort des Schreckens verwandelt. Jetzt soll er wieder wie ein Strand aussehen. Mitarbeiter rechen den Sand, sie schaffen Blumen heran und pflanzen sie zwischen die Liegen, dort, wo ein Terrorist am Freitag begann, um sich zu schießen. Am Ende waren 39 Menschen tot. In Eimern schleppen die Hotel-Mitarbeiter Meerwasser heran, um die Blumen zu gießen. Sie sollen frisch aussehen, doch die meisten lassen die Köpfe hängen.

Der Strand des "Impérial Marhaba" ist wieder gesperrt am Montagmorgen, Polizisten der Anti-Terror-Einheit bewachen die Zugänge, in Schutzwesten und mit Maschinenpistolen. Draußen kämpfen Touristen mit gezückten Smartphones gegen Kameraleute um die besten Plätze. "Ich war zuerst da", schimpft einer und drängelt sich nach vorne.

Zwei Hotels weiter bräunen sich die Touristen am Strand, als wäre das hier ein Urlaubstag wie jeder andere, als wäre der Strand von Port El Kantaoui ein ganz normales Ferienziel am Mittelmeer. Aus den Lautsprechern dröhnt Musik, wie man sie von den Club-Med-Hotels kennt.

De Maizière: "Besondere Sympathie und Zuneigung gilt dem britischen Volk."

Gegen Mittag kommen die Politiker: Innenminister Thomas de Maizière und seine Amtskollegen aus Frankreich, Großbritannien und Tunesien, Bernard Cazeneuve, Theresa May und Mohamed Najem Gharsalli. Sie legen Kränze nieder, schweigen, umarmen sich.

Nicht alle Touristen hätten das Hotel verlassen, sagt die Besitzerin Zohra Driss auf der Pressekonferenz. Ein "paar wenige Gäste" seien noch da, darunter auch Deutsche. Thomas de Maizière hat kurz mit ihnen gesprochen, nun sitzt er neben seinen Kollegen, hinter ihm ein Banner mit der tunesischen Flagge in Herzchenform, daneben ein Motto: "We Are Sousse".

Die Stimmung ist angespannt. Keiner der Anwesenden auf der Bühne zeigt eine Regung. De Maizière sitzt mit ernster Miene da, die Ellbogen aufgestützt, die Hände gefaltet. Er sei "heute hierhergekommen, um zu trauern mit den Angehörigen der Toten aus allen Nationen". Der vergangene Freitag sei ein "besonders bitterer Tag für Großbritannien" gewesen, sagt der Innenminister. Aus diesem Grund gelte in diesen Tagen "eine besondere Sympathie und Zuneigung dem britischen Volk". Von dem zweiten deutschen Todesopfer, das das Auswärtige Amt am Montagnachmittag bestätigt, scheint de Maizière zu diesem Zeitpunkt noch nichts zu wissen.

Vor drei Monaten war de Maizière schon einmal in Tunesien, um an einem Trauermarsch für die Opfer des Terroranschlags auf das Bardo-Nationalmuseum in Tunis teilzunehmen. Jetzt hat der Terror das Land wieder erschüttert. Er wolle sich mit "dieser jungen Demokratie", solidarisch zeigen, sagt de Maizière, Freiheit sei stärker als Terrorismus. "Wir sind gemeinsam bedroht und werden zusammen kämpfen."

"Wir werden diesen Kampf gewinnen"

Auch der französische Innenminister Cazeneuve betont die Solidarität unter den Vertretern der anwesenden Länder. Ein Wort wiederholt Cazeneuve immer wieder: "détermination", Entschlossenheit. "Wir sind entschlossen, gemeinsam gegen den Terrorismus zu kämpfen, und wir werden diesen Kampf gewinnen." Frankreich stehe in dieser Krise ganz nah bei Tunesien und biete seine Hilfe an.

Theresa May, die Britin, nennt den Anschlag einen "jämmerlichen Akt der Grausamkeit". Sie bestätigt, dass mindestens 18 der Opfer Briten sind, "und wir wissen, dass diese Zahl steigen wird".

Der tunesische Innenminister Najem Gharsalli freut sich ob all der Solidarität, die ihm heute zuteil wird. Er verspricht, die Strände besser zu schützen, 1000 Polizisten sollen das tun - "mit Waffen", wie er betont. Reservisten sollen einbeordert werden, um die knapp 700 Hotels in Tunesien zu sichern, man werde zudem alle Moscheen schließen, die "eine undemokratische Sprache sprechen" sowie extremistische Gruppen und Parteien verstärkt kontrollieren.

Als die Pressekonferenz beendet ist und die Politiker gehen, versuchen Journalisten, einen Blick in das Hotel zu werfen, in dem der Täter wütete. Doch die Sicherheitsleute sind schneller. "No media, please!", rufen sie. "We have guests." Und ja, da stehen zwei ältere Damen, direkt hinter einer Glastür, und beobachten die Journalisten. Eigentlich sollen sie sich wieder wie Gäste fühlen, wie Touristen in einem normalen Hotel am Mittelmeer. Aber normal ist hier nichts.

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