Türkischer Kampfjet von Syrien abgeschossen:Westerwelle in "großer Sorge"

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Mit dem Abschuss eines türkischen Kampfflugzeugs durch syrische Truppen haben sich die Spannungen in der Region verschärft. Ankara will den Vorfall untersuchen und mit "notwendigen Schritten" reagieren. Die Angst vor einer weiteren Eskalation der Lage in Syrien wächst - auch bei Deutschlands Außenminister Westerwelle.

Die Welt ist alarmiert: Im Nahen Osten drohen nach dem Abschuss eines türkischen Kampfflugzeugs durch syrische Truppen neue Spannungen. Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül kündigte am Samstag an, "notwendige" Schritte gegen Syrien einzuleiten.

Abgeschossen wurde ein türkischer Kampfjet vom Typ F-4 - dasselbe Modell wie hier auf einem Archivfoto einer türkischen Militärübung zu sehen. (Foto: REUTERS)

"Eine Vertuschung ist nicht möglich", zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu Gül. "Es gibt keine Zweifel daran, dass die notwendigen Schritte unternommen werden." Worum es sich dabei handeln könnte, sagte Gül nicht. "Unsere Ermittlungen werden sich darauf konzentrieren, ob das Flugzeug innerhalb unserer Grenzen abgeschossen wurde oder nicht", sagte der türkische Staatschef. "Weil das ernste Konsequenzen haben könnte, wird es von uns keine Stellungnahme geben, bevor die Details untersucht worden sind."

Gül erklärte allerdings auch, der von der syrischen Armee abgeschossene türkische Kampfjet habe möglicherweise den syrischen Luftraum verletzt. Eventuell sei der Jet aufgrund seiner hohen Geschwindigkeit versehentlich für kurze Zeit in den syrischen Luftraum eingedrungen, sagte Gül. Ein solches kurzzeitiges Überfliegen von Staatsgrenzen gerade über dem Meer sei bei Kampfjets "Routine" und geschehe ohne "böse Absicht".

Westerwelle fordert Aufklärung des Vorfalls

Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte, er sei "in großer Sorge". Bei einem Besuch in Bangladesch forderte er "genaueste Aufklärung" des Geschehens. "Es muss alles dafür getan werden, dass es in dieser ohnehin angespannten Lage zu keiner weiteren Eskalation kommt", sagte Westerwelle. Er begrüße deswegen die besonnene Reaktion der Türkei.

Denn insgesamt reagiert das Land bisher sehr zurückhaltend. Man werde über notwendige Maßnahmen entscheiden, wenn alle Details des Zwischenfalls klar seien, hatte bereits Ministerpräsident Tayyip Erdogan nach einer Krisensitzung mit den Chefs von Militär und Geheimdienst sowie dem Innen-, Außen- und dem Verteidigungsminister in der Nacht erklärt. Auf Medienberichte, wonach sich Syrien für den Vorfall entschuldigt hat, ging er nicht ein.

Suche nach vermissten Piloten dauert an

Die syrischen Streitkräfte hatten den türkischen Kampfjet am Freitag über dem Mittelmeer abgeschossen. Nach syrischen Armeeangaben war ein "nicht identifiziertes Ziel" ausgemacht worden, das mit schneller Geschwindigkeit und in geringer Höhe in den Luftraum über syrischen Hoheitsgewässern eingedrungen war. Das Flugzeug wurde nach syrischen Angaben nur einen Kilometer vor der Küste getroffen und stürzte westlich von Latakia ins Meer.

Unklar blieb zunächst, warum das syrische Militär die F-4 abschoss. Die Maschine war auf dem Luftwaffenstützpunkt Malatya gestartet und flog in der Nähe des engen Luftkorridors, der die Türkei mit den türkischen Truppen auf Nordzypern verbindet.

Die Suche nach den vermissten türkischen Piloten dauerte mit Unterstützung der syrischen Seite am Samstag an. Inzwischen sind nach Angaben Güls Teile des Wracks gefunden worden. Flugzeuge der Luftwaffe und Marineeinheiten seien daran beteiligt, berichteten staatsnahe syrische Medien. Damaskus hatte am Vortag bestätigt, die Maschine vom Typ F4-Phantom nahe der Küstenstadt Latakia abgeschossen zu haben, weil sie in den syrischen Luftraum eingedrungen sein soll. Auch die Türkei hatte den Verlust des Kampfflugzeuges bestätigt.

Der Abschuss des Kampfjets droht den Syrien-Konflikt zu veschärfen und die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Syrien und der Türkei weiter zu belasten. Nach Beginn der brutalen Niederschlagung der Proteste in Syrien vor mehr als einem Jahr hatte sich die Türkei von ihrem früheren politischen und wirtschaftlichen Verbündeten losgesagt und gehört nun zu den schärfsten Kritikern des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Viele Syrer haben auf der Flucht vor den Auseinandersetzungen in der benachbarten Türkei Schutz gesucht.

© Süddeutsche.de/AFP/dapd/dpa/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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