Türkische Medien zu Völkermord an Armeniern:"Nie wieder"

Der 100. Jahrestag des Genozids an den Armeniern beherrscht auch die türkischen Medien. Die eher regierungskritische Zeitung "Cumhuriyet" setzt das deutlichste Zeichen.

"Nie wieder" steht in großen weißen Lettern auf schwarzem Grund - auf armenisch, in den Schriftzeichen des armenischen Alphabets. Und darunter in Klammern die türkische Übersetzung, "Bir daha asla". So betitelt die kemalistisch ausgerichtete türkische Tageszeitung Cumhuriyet zeitweise ihre Online-Ausgabe. Die eher regierungskritische Zeitung räumt dem Gedenken an den Genozid an den Armeniern am 100. Jahrestag viel Platz ein. Begleitet wird die schlichte Überschrift von ein paar kurzen Sätzen, die die Gräueltaten an den Armeniern im Osmanischen Reich umreißen. Das Wort "Völkermord" fällt nicht.

Prominent platziert ist in der Zeitung auch ein Text der Witwe von Hrant Dink, jenes armenisch-türkischen Journalisten und Intellektuellen, der 2007 mitten in Istanbul von einem türkischen Nationalisten erschossen wurde. "Ich weine bitterste Tränen" schreibt Rakel Dink. In ihrem Beitrag erzählt sie von ihrer Kindheit, von ihrer Zeit mit ihrem Mann, wie der türkische Staat ihnen zusetzte, ihren Besitz beschlagnahmte.

Die Boulevard-Zeitung Hürriyet berichtet von Veranstaltungen zum 100. Jahrestag in Deutschland, wie etwa dem Gedenken armenischer Vereine, aber auch von einer Demonstration eines türkischen Vereins in Berlin, der ein Ende des Völkermord-Vorwurfs verlangt. Später folgt ein längerer Bericht über den Gedenkgottesdienst in der Kirche des armenischen Patriarchats in Istanbul.

Die religiös ausgerichtete Zaman berichtet auf ihrer Hauptseite von der Rede des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck, der die Gräueltaten am Tag vor dem Gedenktag als Völkermord bezeichnete. Der Hinweis Gaucks, dass auch Deutschland als Verbündeter des Osmanischen Reichs mitschuldig am Schicksal der Armenier war, wird prominent in einem der Bilder eingeblendet.

Die Zeitung Sabah macht mit der Grußbotschaft des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan anlässlich des Gedenkgottesdienstes in der Kirche des armenischen Patriarchats in Istanbul auf. Das Wort Völkermord sagte Erdoğan darin wie erwartet nicht. Er teile den Schmerz mit den Armeniern und erkenne das Leid an, dass sie im Osmanischen Reich erfahren hätten.

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