Süddeutsche Zeitung

Türkei:Wahlleiter gegen Neuwahlen

Von Christiane Schlötzer-Scotland, Istanbul

Der Chef der obersten Wahlbehörde in der Türkei, Sadi Güven, war gegen die Annullierung der Kommunalwahl in Istanbul. Das kam nun heraus, als das elfköpfige Richtergremium die Begründungseiner Entscheidung veröffentlichte. Die Wahlaufsicht hatte am 6. Mai dem siegreichen Oppositionspolitiker Ekrem Imamoğlu das Oberbürgermeisteramt nach 18 Tagen wieder entzogen und für 23. Juni Neuwahlen angeordnet. Sie folgte damit dem Drängen von Präsident Recep Tayyip Erdoğans Partei AKP. Begründet wurde die Aufhebung der Wahl vor allem damit, dass an 754 Urnen keine Beamten die Zählkommission geleitet hätten, wie vorgeschrieben. Güven sah dies aber nicht Annullierungsgrund, er war mit sieben zu vier Stimmen unterlegen. In den mehr als 200 Seiten Begründung findet sich nichts zu dem AKP-Vorwurf, Stimmen seien "geklaut" worden. AKP-Kandidat Binali Yıldırım sagte bei Habertürk TV, man habe das Wort "Stimmenklau" verwendet, weil es leicht verstanden werde, es sei aber "kein legaler Begriff". Auf die Frage, ob er sich mit Imamoğlu ein TV-Duell liefern würde, sagte der Ex-Premier, das könne er nicht allein entscheiden. Imamoğlu verbreitet für seine neue Wahlkampagne siegesgewiss den Slogan: "Alles wird sehr schön." Die AKP will vor allem die mobilisieren, die imMärz nicht zur Wahl gingen. Sie vermutet darunter viele unzufriedene AKP-Anhänger.

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Quelle:
SZ vom 24.05.2019
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