Türkei:Unnötiger Machtkampf

Im Angesicht zahlreicher politischer und wirtschaftlicher Krisen im Inneren wie außen zettelt Präsident Erdoğan zusätzlich noch einen neuen, teuren Wahlkampf in Istanbul an. Die Stadt ist eine Geldmaschine des Landes - denn die Korruption floriert.

Von Christiane Schlötzer

Dramatischer geht es kaum: Washington droht der Türkei mit Wirtschaftssanktionen, sollte Präsident Recep Tayyip Erdoğan nicht doch noch darauf verzichten, Abwehrraketen in Russland zu kaufen. Interessiert uns nicht, bellt Erdoğans nationalistischer Koalitionspartner zurück und stellt gleich die Nato-Mitgliedschaft der Türkei infrage. Derweil stuft die Ratingagentur Moody's die Kreditwürdigkeit des Landes herab. Und im benachbarten Syrien eskaliert der Krieg auch schon wieder.

Mit der Bewältigung so vieler Krisen wäre jede Regierung aufs Äußerste gefordert. Aber Erdoğan und seine AKP haben das Land in einen neuen, teuren Wahlkampf getrieben. Und dies nur, weil sie die Niederlage im Kampf um das Oberbürgermeisteramt von Istanbul nicht verwinden können. Istanbul ist die Geldmaschine der Türkei, wer hier im Rathaus sitzt, kann lukrative Aufträge vergeben. Das Gewebe aus Gefälligkeiten und Korruption macht ein Machtwechsel erst einmal zunichte, bis es wieder wächst, wenn die Demokratie nicht für Abwechslung sorgt.

Ein Gutes aber hat der unnötige Wahlkampf: Er hat dem Land eine TV-Debatte beschert, wie es sie nicht gab, seit Erdoğan regiert. Damit haben die türkischen Medien, die lange schon der Mut verlassen hat, der Demokratie einen Dienst erwiesen.

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