Türkei:Türkische Polizei stürmt größte kritische Zeitung

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Die türkische Polizei setzt Wasserwerfer gegen die Demonstranten vor dem Zeitungsgebäude ein. (Foto: AFP)
  • Die türkische Polizei ist am Freitagabend gewaltsam in das Redaktionsgebäude von Zaman eingedrungen.
  • Ein türkisches Gericht hat damit eine der größten Zeitung des Landes unter Vormundschaft gestellt.
  • Die Zeitung Zaman steht der Bewegung des islamischen Predigers Fetullah Gülen nahe, mit dem sich Präsident Erdoğan überworfen hat.
  • Die Regierung in Ankara geht seit Monaten massiv gegen kritische Journalisten vor und hat schon mehrere Fernsehsender unter ihrer Kontrolle.

Zunächst war es nur einer Meldung der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur, die mitteilte, die Regierung wolle die Kontrolle über die größte regierungskritische Zeitung des Landes übernehmen. Am Freitagabend stürmte die Polizei dann das Redaktionsgebäude von Zaman.

Ein Istanbuler Gericht habe entschieden, einen staatlichen Treuhänder für die Zeitung zu ernennen. "Diebe raus", skandierten den Berichten zufolge die Mitarbeiter der Zeitung. Gegen die protestierende Menge, die sich seit dem Abend vor dem Haus versammelt hatte, ging die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern vor.

Die Zeitung nennt den Vorstoß des Gerichts auf ihrer Internetseite eine Lynch-Kampagne. "Die Türkei wird zu einem Treuhänder-Land", sagte der Oppositionspolitiker Oktay Vural Zaman in Anspielung auf die vielen Zeitungen und Fernsehsender, die bereits unter Vormundschaft und damit Kontrolle des Staates gestellt wurden. Ertuğrul Günay, der unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan (damals Ministerpräsident) Kultur- und Tourismusminister war, sagte: "Wir nähern uns wirklich einem gefährlichen Ort. Das geht über einen politischen Streit hinaus."

"Das ist ein trauriger und beschämender Tag"

Die Chefredakteurin des englischsprachigen Zaman-Schwesterblattes Today's Zaman, Sevgi Akarçeşme, sagte: "Das ist das Ende der Pressefreiheit in der Türkei, und das verstößt gegen unsere Verfassung." Akarçeşme fuhr fort: "Das ist ein trauriger und beschämender Tag." Der Schritt sei zwar erwartet worden. "Es ist nicht überraschend, aber das heißt nicht, dass es weniger schmerzhaft für die türkische Demokratie ist." Die Chefredakteurin kritisierte, es gebe keine Rechtstaatlichkeit in der Türkei mehr.

Die Treuhänder würden demnächst erwartet. "Wir arbeiten an der letzten Ausgabe unserer Zeitung. Wir versuchen, sie fertigzustellen, bevor sie ankommen." Zaman steht der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen nahe, der im US-Exil lebt. Gülen war einst ein Verbündeter Erdoğans, hat sich mit ihm aber überworfen. Gülens "Hizmet"-Bewegung ist in der Türkei inzwischen zur Terrororganisation erklärt werden.

Im Oktober, kurz vor den Parlamentswahlen, hatte die Polizei den Sitz der Unternehmensgruppe Koza İpek stürmen lassen. Zu der Gruppe gehören auch regierungskritische Fernsehsender. Die Einsatzkräfte besetzten damals die Regieräume von Kanaltürk und Bugün TV. Ein Zwangsverwalter hat seither die Kontrolle über die beiden Sender und noch einige andere.

Seither werden fast täglich Journalisten wegen angeblichen Terrorverdachts festgenommen. Die Berichterstattung beispielsweise bei Terroranschlägen wird den Medien untersagt.

© SZ.de/dpa/dayk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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