Süddeutsche Zeitung

Türkei:Türkische Nationalisten attackieren HDP-Büros landesweit

  • Nationalisten griffen HDP-Zentrale in Ankara mit Steinen an. Die Polizei griff nach Angaben der Polizei nicht ein.
  • In mindestens sechs weiteren Städten wurden ebenfalls Parteibüros angegriffen.
  • In Istanbul schlugen Anhänger der AKP die Scheiben des Gebäudes der Hürriyet.

Mehrere HDP-Gebäude angegriffen

Angesichts des eskalierenden Konflikts zwischen dem türkischen Staat und der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nehmen die Spannungen im Land spürbar zu. Nationalistische Demonstranten griffen am Dienstagabend die Zentrale der Kurdenpartei HDP in Ankara an. Sie warfen mit Steinen und rissen das Parteizeichen an dem Gebäude ab. Einem Tweet der HDP-Führung zufolge, sei die Polizei nicht eingeschritten.

In der südtürkischen Stadt Alanya wurde der örtliche HDP-Sitz in Brand gesetzt, wie CNN-Türk berichtete. Die Partei twitterte ein Bild des brennenden Gebäudes.

In mindestens sechs weiteren Städten hätten Demonstranten HDP-Büros beschädigt.

In einem HDP-Büro in der Provinz Kırşehir sollen Nationalisten Hürriyet Daily News zufolge die Flagge der Partei eingeholt und die der ultra-nationalistischen MHP gehisst haben.

Die Nationalisten werfen der HDP vor, der politische Arm der verbotenen PKK zu sein. Die HDP weist dies zurück. Sie hatte bei der Parlamentswahl im Juni als erste Kurdenpartei den Sprung über die Zehnprozent-Hürde geschafft. Auch wegen ihres Wahlerfolgs verlor die Regierungspartei AKP nach zwölf Jahren ihre absolute Mehrheit. Weil die Bildung einer Regierungskoalition scheiterte, finden am 1. November vorgezogene Neuwahlen statt.

HDP-Chef Selahattin Demirtas klagte über "Lynchversuche", die von der Regierung unterstützt würden. Präsident Recep Tayyip Erdoğan und Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu hätten "eine Entscheidung für den Bürgerkrieg gefällt".

AKP-Anhänger versuchen, Gebäude von Hürriyet zu stürmen

In Istanbul griffen Anhänger Erdoğans auch erneut das Gebäude der Zeitung Hürriyet an. Zunächst hätten sich etwa hundert Menschen vor dem Gebäude versammelt und den Namen Erdoğan sowie "Gott ist groß" gesungen, berichtete die Zeitung auf ihrer Website. Dann hätten sie das Redaktionsgebäude mit Steinen beworfen und dabei Scheiben eingeschlagen. Die Demonstranten verschafften sich laut Hürriyet gewaltsam Zutritt zu dem Gebäude. Zu Wochenbeginn hatten 200 Anhänger der islamisch-konservativen AKP bereits versucht, das Gebäude der Zeitung zu stürmen.

Nationalisten fordern Massaker

Vor dem Hintergrund der Kämpfe mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK verschärfen sich in der Türkei seit Tagen die Auseinandersetzungen. In Istanbul sind derweil Anhänger ultra-nationalistischer Gruppierungen auf die Straße gegangen. Eine Journalistin der BBC twittert ein Video auf dem Demonstranten zu sehen sind, die "Wir wollen keine Militäroperation, sondern ein Massaker" skandierend durch die Straßen laufen

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2640044
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/dpa/dayk/anri
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.